Trick der Akw-Betreiber: Sofortkredit für längere Laufzeiten
Mit einem trickreichen Angebot wollen die Akw-Betreiber die Laufzeitverlängerung unumkehrbar machen: Die Regierung soll jetzt Geld bekommen, das erst später verdient wird.
BERLIN taz | Eventuell noch vor der Sommerpause, spätestens aber im Herbst will die schwarz-gelbe Bundesregierung über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke entscheiden. SPD und Grüne bekräftigten am Montag, dass sie eine solche Entscheidung im Fall eines Regierungswechsels sofort wieder rückgängig machen würden. "Die Freude der Betreiber wird keinen Bestand haben", sagte der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) bei einer Protestaktion in Berlin.
Doch die Betreiber wollen sich absichern und eine spätere Revision der Entscheidung so schwer wie möglich machen - mittels Geld. Schon lange haben die AKW-Konzerne angeboten, einen Teil der durch die Laufzeitverlängerung erzielten zusätzlichen Gewinne abzuführen, etwa für die Erforschung von Speichertechniken für regenerative Energien. Weil die Zusatzgewinne aber erst nach Ablauf der bisher vorgesehenen Laufzeiten anfallen, wäre kurzfristig nur wenig Geld zu erwarten.
Nach Informationen des Spiegels wollen die Betreiber der Bundesregierung nun anbieten, das insgesamt zu erwartende Geld unmittelbar nach Beschluss der Laufzeitverlängerung dem Bund komplett zur Verfügung zu stellen - über einen Kredit der staatlichen KfW-Bank. Diesen wollen die Stromkonzerne im Laufe der nächsten Jahrzehnte abzahlen, wenn die Gewinne tatsächlich anfallen. Sollte eine neue Regierung die Laufzeiten wieder verkürzen, müsste sie diese Summe - wohl mehrere Milliarden Euro -, selbst zurückzahlen.
Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sieht in diesem Vorschlag einen "durchsichtigen Versuch, den Bundestag für die Zukunft zu binden". Die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn erklärte, das Geld über eine Brennstoffsteuer zurückholen zu wollen. Das Bundesumweltministerium will sich erst äußern, wenn über das Energiekonzpet der Regierung entschieden ist.
Die Antiatomorganisation "Ausgestrahlt" rief als Reaktion auf die angekündigte Entscheidung für längere Laufzeiten dazu auf, an diesem Dienstag um 12.30 Uhr Müll in CDU- und CSU-Büros vorbeizubringen. "Wir lassen die Unionsparteien riechen, wie sehr uns ihre Atompolitik stinkt", sagte Sprecher Jochen Stay.
Leser*innenkommentare
t-claudius
Gast
Tatsächlich: Die Demokratie in Deutschland ist nach etwas über 60 Jahren am Ende angekommen. Bis gestern haben Lobbyisten, Konzerne und Politiker wenigstens noch versucht so zu tun (!), als ob Politik nicht käuflich wäre. Mit diesem Angebot der AKW-Betreiber ist nun offensichtlich jede Moral gefallen. Kann ja auch, denn die Vergangenheit hat gezeigt, daß dieser Raubbau an unserer demokratischen Kultur gut funktioniert und keine Konsequenzen hat.
Sepp Bauer
Gast
Solange die AKW Betreiber keine Entsorgungskosten in Ihre Preiskalkulation integrieren muessen wird Solarstrom teuer und AKW Strom billig sein.
Zumindest wird uns dies taeglich verkauft. Die Wirklichkeit ist genau anders herum.
AKW Strom bezahlen die naechsten hundert Generationen.
Oder die Zivilisation bei einem GAU in Europa.
Hauptsache RWE, Vattenfall etc. belasten ihre Bilanzen nicht.
inkadue
Gast
Rent-a-Rüttgers war gestern. Heute gibt´s Government-Leasing über mehrere Legislaturperioden. Der folgerichtige nächste Schritt: Regierung kaufen ihre Entscheidungsspielräume von den maßgeblichen Konzernen des Landes im freien Börsenhandel.
Frankfurt, dpa: Spekulationssteuer und Leerverkaufsverbot notieren derzeit bei je vier Billionen Euro, was dem börsentäglichen Devisenhandelsvolumen entspricht. Tendenz steigend.