piwik no script img

■ TributylzinnKeine Grenzwerte

Seine schädliche Wirkung entfaltet Tributylzinn, kurz TBT, im Wasser. Unstrittig ist, daß eine Menge von 1,5 Nanogramm TBT pro Liter Wasser Lebewesen schädigt: Impotenz, Wachstumsstörungen, Erstickungstod. TBT – geschätzte Jahresproduktion 1998: 40.000 Tonnen, Tendenz steigend – ist in fast allen Kunststoffen enthalten. Die Bauindustrie braucht TBT als Holzschutzmittel, als Antipilzmittel wird TBT auch in der Landwirtschaft und vor allem für die Imprägnierung von Textilien verwendet.

„Hauptverteiler“ von TBT sind Schiffe und Werften. Darüber hinaus wurde die giftige Substanz in den Abwässern von TBT produzierenden und weiterverarbeitenden Betrieben und im Kühlwasser von Kraftwerken nachgewiesen. Jetzt taucht TBT verstärkt auch in den Klärschlämmen von kommunalen Abwässern im Binnenland auf.

Außer über den direkten Kontakt können Menschen TBT über die Nahrungskette aufnehmen (Muscheln, Krebse, Fische). Kurzfristige Reaktionen: Ausschlag, Magenschmerzen, Durchfall, Atembeschwerden. Längerfristige Auswirkungen durch ständige TBT-Einnahme sind noch nicht erforscht. Allerdings zählt TBT zu den hormonell wirkenden Umweltgiften. Für diese Gruppe wurde in Langzeitstudien in den USA, Dänemark und Belgien Auswirkungen auf Menschen festgestellt: Menstruationsstörungen, Zeugungsunfähigkeit, Wachstumsstörungen.

Schlämme aus Häfen und Werften gelten als extrem TBT- belastet. In Bremen wurden 1997 bis zu 160.000 Mikrogramm TBT pro Kilo Trockensediment Hafenschlick gemessen – Spitze in Europa. Bis zum Verbot durch Niedersachsen 1997 wurden diese Schlämme ins Wattenmeer gekippt. Die Bezirksregierung Weser-Ems geht von einer flächendeckenden Belastung der Nordsee von 20 bis 50 Mikrogramm TBT pro Kilo Nordseeboden aus.

Diese Belastung hat zu alarmierenden Vergiftungen von Meerestieren geführt. Bislang durfte in Deutschland nur an solchen Stellen Schlamm im Meer verklappt werden, an denen Meerwasser oder Boden genauso hoch mit Schadstoffen belastet waren wie der zu verklappende Schlamm. In Niedersachsen dagegen darf Schlamm mit 100 Mikrogramm TBT pro Kilo Sediment verklappt werden.

International gibt es noch keine einheitlichen Grenzwerte für den Umgang mit TBT. Neben dem Verbot von TBT-Farben für Schiffe unter 25 Meter Länge hat etwa Schweden für alle Schiffe mit TBT-Farben ein Fahrverbot auf Süßwasserseen erlassen. Ein internationales Verbot von TBT in Farben wird in den nächsten acht Jahren erwartet. Der WWF Deutschland fordert neben einem generellen Verbot von TBT, daß Schlämme, die mit mehr als 5 Mikrogramm pro Kilo TBT-belastet sind, nur noch an Land deponiert werden dürfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen