Triathlet Timo Bracht und der Ironman: Der dritte Mann

Triathlet Timo Bracht will endgültig aus dem Schatten seiner deutschen Konkurrenten treten und den Ironman auf Hawaii gewinnen - auf saubere Art, wie der 33-Jährige versichert.

So trainiert sich Timo Bracht auf Hawaii. Bild: dpa

Sich in Kailua-Kona zurechtzufinden, ist nicht das Problem des Timo Bracht. Seit fünf Jahren ist der Triathlet mittendrin, wenn auf Hawaii der spektakulärste wie bedeutendste Ironman der Welt stattfindet. Den Einstieg auf Big Island zum 3,8 Kilometer Schwimmen im offenen Pazifik, die tückische 180 Kilometer lange Radstrecke über den Queen K Highway bis nach Hawi und zurück oder die finalen 42,195 Kilometer Laufen bei drückender Hitze bis zum Zieleinlauf auf dem Alii Drive - der 33-Jährige hat das alles schon mitgemacht. Und doch ist Bracht diesmal anders unterwegs; nämlich mit dem GPS-Gerät eines Sponsors.

Mit Satellitenunterstützung wird der in jüngster Zeit erfolgreichste deutsche Langstreckler genau wissen, wo und wie schnell er ist. Ein weiteres Detail, das der als Tüftler verschriene Familienvater in seinen detaillierten Erfolgsplan integriert hat. "Ich will immer besser werden, das treibt mich an", erklärt der in Eberbach am Neckar beheimatete Bracht, der sich seit mehr als einer Woche mit seinem Osteopath Dirk Lederer in einer Apartmentanlage direkt in Kona einquartiert hat. Die letzten Tage, die letzten Stunden bis zum Startschuss am Sonntag um sieben Uhr ziehen sich endlos in die Länge. Nervosität und Anspannung sind hoch. Eigentlich kann zu diesem Zeitpunkt an kaum noch einer Stellschraube gedreht werden, und doch kann noch alles kaputtgehen - wie bei Normann Stadler und Faris Al-Sultan, die sich im Vorjahr direkt vorm Wettkampf einen rätselhaften Magen-Darm-Virus einfingen. Monatelange Quälerei war über Nacht für die Katz.

Bracht beteuert, ihm gehe es bestens. Und verspricht noch mehr: "Volle Attacke. Es wird den stärksten Timo Bracht geben, der je nach Hawaii gefahren ist." Ein Platz auf dem Podium peilt der Sportwissenschaftler an, der im Kindesalter mit Skiern auf der Sprungschanze stand. Bei der Ironman-WM wäre nun ein weiter Satz nach vorne ganz dienlich. Besser als Platz acht (2004) war er dort noch nie. "Für Hawaii suche ich noch den Erfolgsschlüssel", gibt Bracht zu, der nun glaubt, fündig geworden zu sein. Neuerdings arbeitet er mit dem ehemaligen Triathlon-Bundestrainer Ralf Ebli zusammen, der einst auch Olympiasieger Jan Frodeno formte. "Früher habe ich mich oft kaputttrainiert", sagt der zweifache Familienvater, "jetzt gibt es auch ruhigere Phasen." Weniger ist manchmal mehr: "Ich bin ein kompletterer Athlet geworden." Nach den Eindrücken des Trainingslagers auf Lanzarote ist er in allen drei Disziplinen schneller, wie er sagt. Das flößt seinem ärgsten deutschen Rivalen Stadler - Hawaii-Sieger 2004 und 2006 - kaum Respekt ein. Obwohl der 35-jährige Mannheimer zuletzt auch zweimal in Frankfurt wegen körperlichen oder mentalen Blockaden nicht ins Ziel kam, ist seine Kampfansage vor Ort klar formuliert. "Ich habe ein gutes Gefühl. Der Kopf ist wieder frei. Ich komme ins Ziel."

Für Kurt Denk, den Veranstalter des Frankfurter Ironman, ist hingegen klar, dass Bracht aus dem Schatten der Hawaii-Haudegen Stadler und Al-Sultan treten wird. "Timo hat mit seiner Marathonzeit in Frankfurt eine mentale Tür aufgestoßen. Er wirft nun selber Schatten." Bracht, oft noch als der "dritte Mann" bezeichnet, ist längst der heimliche Anführer der deutschen Elite. "Ich habe ein erfolgreiches System gefunden, das jetzt noch verfeinert wird." Zum Bracht-System gehört, sein Haus zu öffnen, seine Schränke zu zeigen, seine Blutwerte und Dopingkontrollen offenzulegen. Er hat einen Hämatokritwert von 40, darüber lacht jeder Radprofi. Er sagt oft, er sei der Beweis, dass Erfolg in Ausdauersportarten auch ehrlich zu erringen sei.

Interessant ist der heroische Dreikampf auf Big Island allemal - im Vorjahr übertrug die ARD live, diesmal sendet das ZDF eine einstündige Zusammenfassung. Favorit ist Bracht freilich nicht, denn da gibt es jenen Australier, der im Juli in Frankfurt die Deutschen düpierte und auch im Vorjahr auf Hawaii dominierte: Chris Mc Cormack, 35. Er setzt derzeit die Maßstäbe. Während Stadler und Al-Sultan dem Lebemann aus Sydney in herzlicher Abneigung verbunden sind, taugt der ewig gut gelaunte Mc Cormack für den( L)ifestyle-tauglichen Bracht ("So professionell ich im Sport bin, so unkonventionell bin ich im Privatleben") als sportliches Vorbild: Mc Cormack benötigte exakt fünf Anläufe, um seine Karriere in Kailua-Kona zu krönen.

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