Treibhausgase durch Fleischkonsum: Biokost allein löst die Klimafrage nicht
Die Umstellung auf Ökolandbau ist sinnvoll, reduziert aber kaum die Treibhausgase. Hier hilft nur Fleischverzicht.
BERLIN taz Rülpsende Kühe und überdüngte Agrarflächen tragen in Deutschland fast ebenso stark zum Treibhauseffekt bei wie der Verkehr. In einer Studie im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch fragt nun das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), ob ökologische Landwirtschaft ein Beitrag zur Lösung des Klimaproblems wäre. Im Prinzip ja, lautet die Antwort der vorab im Spiegel veröffentlichten Studie. Doch wollte man die bisherigen Erträge weiterhin erzielen, müssten viel mehr Flächen genutzt werden. Das ist aus Umweltgründen nicht möglich. Die Entwässerung von besonders viel CO2 bindenden Moorböden und die Rodung von Wäldern gehören zu den schlimmsten Klimasünden im Agrarbereich. Einzige Alternative: Weniger Vieh halten. Bei einer vollständigen Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf Öko und gleich bleibender Fläche müsste laut dem Bericht die Fleisch- und Milchproduktion um 70 Prozent schrumpfen.
Zwar kaufen immer mehr Deutsche Bioprodukte. Im ersten Halbjahr 2008 lag der Umsatz 10 Prozent höher als ein Jahr zuvor, meldet der Focus - immer noch nur 3,2 Prozent des Gesamtumsatzes. Entscheidend für die Klimabilanz ist jedoch nicht so sehr, ob man im Bioladen einkauft, sondern ob man auf tierische Produkte verzichtet. Eine einzige Milchkuh produziert laut der Umweltorganisation WWF pro Jahr so viel Treibhausgase wie ein Pkw mit einer Fahrleistung von 18.000 Kilometern. Die Ernährung eines Fleischessers verursacht laut IÖW-Studie so hohe Emissionen wie 4.758 Kilometer mit einem kleinen BMW. Ernährt er sich nur noch von Bioprodukten, käme er auf 4.377 Kilometer. Ein Vegetarier würde nur rund halb so viele Treibhausgase freisetzen. Und ein Veganer wäre unschlagbar mit dem Äquivalent von 629 Kilometern bei konventionellen und 281 Kilometern bei Bioprodukten.
"Die Klimapolitik vernachlässigt die Landwirtschaft, die Agrarpolitik den Klimaschutz", moniert der WWF. Die Landwirtschaft sei bislang von der Klimaschutzstrategie ausgenommen worden, "um die Zahl der Konfliktherde zu begrenzen", räumte ein Mitarbeiter des Umweltministeriums gegenüber dem Spiegel ein. Die marktkonforme Strategie des WWF: Verbraucheraufklärung kombiniert mit Emissionssteuern. Denn nur wenn Emissionen einen Preis hätten, bestünde ein ökonomischer Anreiz zu ihrer Verringerung.
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