piwik no script img

Treffen mit Lesben und Schwulen in MoscheeÄrgernis und Fortschritt zugleich

Kommentar von Alke Wierth

Eine muslimische Gemeinde sagte ein Treffen mit Homosexuellen und Transgender in ihrer Moschee ab. Die besonnenen Reaktionen danach zeigen: Wir sind in Sachen Respekt weitergekommen.

D as wäre ein guter Anlass für Muslimenbashing – mittlerweile ja die zweitliebste Sportart vieler Deutscher gleich nach dem Fußball: Da sagt eine islamische Gemeinde ein Treffen mit Homosexuellen in ihrer Moschee kurzerhand wieder ab.

Skandal! Muslime wieder ganz böse!, könnten die derart Ausgeladenen jetzt rufen. Tun sie aber nicht. Stattdessen ist von Respekt, Verständnis und Rücksichtnahme die Rede, sogar von dem „großen“ und „bewundernswerten“ Mut des Vorsitzenden der Moscheegemeinde, der die Lesben und Schwulen erst empfangen wollte und dann wieder ausgeladen hat.

Damit wird die an sich ärgerliche Nachricht zu einer Hoffnung weckenden: Der Dialog zwischen zwei sich in Teilen durchaus äußerst skeptisch gegenüberstehenden gesellschaftlichen Gruppen – die in anderen Teilen, wie alle gesellschaftlichen Gruppen, ja auch eine Schnittmenge haben –, ist so weit gediehen, dass nicht mehr mit platten schwarz-weißen Schuldzuweisungen auf Probleme reagiert wird. Sondern differenziert.

Schwule und Lesben haben erkannt, dass die Meinungsvielfalt aufseiten der Muslime ebenso breit gefächert ist wie aufseiten der christlichen Glaubensgemeinschaften. Muslime wiederum versuchen, den direkten Dialog mit Homosexuellen in ihre Gemeinden zu tragen.

Dass der Moscheechef trotz seiner aktuellen Absage weiter für diesen Dialog und gegen den Druck konservativer Kräfte unter den Muslimen kämpfen will, dass die homosexuellen Dialogpartner ihn für die Absage nicht anprangern, sondern ihm auch künftig weiter den Rücken stärken wollen, zeigt: Wir sind in Sachen Respekt in Berlin, der Vielfalthauptstadt, einige Schritte weitergekommen.

Bleibt zu hoffen, dass auch die im Doppelsinn Rückwärtsgewandten noch einsehen, dass Einflussnahme aus dem Ausland selten auf respektvolles Zusammenleben bei uns zielt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin taz.stadtland

1 Kommentar

 / 
  • Handwerklich gut gemachte Rabulistik von Alke Wierth, um offensichtliche Sachverhalte mit mäanderndem Relativismus zu umnebeln.