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Treffen Genscher-Schewardnadse in Genf

UdSSR fordert im Rahmen von 4 + 2 einen Vertrag über die Größe der gesamtdeutschen Armee / Der Vertrag soll Zusatzklausel beim Abkommen über konventionelle Abrüstung (VKSE) sein / NATO will Extra-VKSE  ■  Aus Genf Andreas Zumach

Das neutrale Genf ist Schauplatz der heutigen Begegnung zwischen Bundesaußenminister Genscher und seinem sowjetischen Amtskollegen Schewardnadse. Im Mittelpunkt werden sicherheits- und wirtschaftspolitische Aspekte der Vereinigung Deutschlands stehen. Der Termin war bereits am Freitag vergangener Woche in Genf bekanntgeworden, von der dortigen BRD-Botschaft jedoch auf Weisung des Bonner Außenministeriums bis gestern hartnäckig dementiert worden. Internationale Korrespondenten mokierten sich über eine „lächerliche Bonner Geheimdiplomatie“.

Die UdSSR hat inzwischen erstmals ausdrücklich eine Vereinbarung über die Größe einer künftigen gesamtdeutschen Armee im Rahmen der 4 + 2-Gespräche verlangt. Über entsprechende Forderungen der sowjetischen Führung in den Gesprächen mit US-Außenminister Baker vergangene Woche in Moskau informierten US-Offizielle die NATO-Verbündeten am Montagabend in Brüssel. Gorbatschow und Schewardnadse sollen gegenüber Baker auch eine NATO-Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands noch einmal entschieden abgelehnt haben. Nach Angaben der US-Offiziellen will Moskau ein erstes Abkommen über konventionelle Stabilität in Europa (VKSE) erst unterzeichnen, wenn eine Vereinbarung über die deutsche Armee bei den 4 +2 -Gesprächen getroffen wurde. Sie solle dann in das VKSE-Abkommen eingefügt werden. Zahlen für eine Obergrenze deutscher Streitkräfte habe Moskau nicht genannt. In Bonn wurde unterdessen der Termin für die neue 4 + 2 -Runde festelegt. Sie wird am 10. und 11. Juni in Ost-Berlin stattfinden.

Am Rande der Brüsseler Tagung des Verteidigungsplanungsausschusses der NATO in Brüssel wiesen US-Verteidigungsminister Cheney und Vertreter anderer Bündnisstaaten die sojwetische Forderung entschieden zurück. Die Frage stehe nicht auf der Tagesordnung der 4 + 2 -Gespräche, sondern müsse im Rahmen der Wiener VKSE -Verhandlungen behandelt werden. In Wien haben sich die NATO -Staaten jedoch bislang geweigert, vor Unterzeichnung eines ersten Abkommens über die Begrenzung anderer als der sowjetischen und US-amerikanischen Truppen in Zentraleuropa zu verhandeln.

Damit käme die künftige deutsche Armee frühestens im nächsten Jahr im Rahmen von VKSE II auf die Tagesordnung und damit nach dem von Bonn und den westlichen Verbündeten Abschluß der 4 +2 -Gespräche. Auf dieses „Dilemma“ und die auch aus historischen Gründen große sicherheitspolitische Bedeutung, die die Größe einer gesamtdeutschen Armee für die Sowjetunion hat, hatten Moskaus Diplomaten in Wien und an anderer Stelle in den letzten Monaten verstärkt hingewiesen. Informell waren dabei als gewünschte Größenordnung die Zahl von 100.000 -200.000 deutschen Soldaten zu hören.

Nato denkt nach

Brüssel (dpa) - Die Verteidigungsminister des nordatlantischen Bündnisses haben auf der gestern begonnenen Brüsseler Planungskomitee-Tagung auch zum wiederholten Male konstatiert, die Nato brauche eine „Überprüfung ihrer Militärstrategie“, da die Bedrohung vom Warschauer Pakt nicht mehr existiere. Vorneverteidigung und das Prinzip abgestufter Erwiderungen auf Angriffe („flexible response“) könnten jedoch nicht einfach „über Bord geworfen“ werden.

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