piwik no script img

Traumfrau & Alptraum

■ Der Maler Jan Oeltjen im Spannungsfeld seiner Frau

Eines der spannendsten Bilder Jan Oeltjens zeigt eine Familienrunde am Bauerntisch. Doch von Harmonie keine Spur. Zwei Frauen beherrschen das Bild: die weiche, mütterliche Norddeutsche, den besorgten Blick auf den eingeschüchterten Sohn gerichtet; und die harte, schwarzhaarige Schönheit aus dem Süden, die zeigt, wo es langgeht. Elsa, die Herrische, ist die, die Sohn und Mutter entzweit — eine Frau, die Jan Oeltjens Leben mehr beeinflußt hat als alles andere.

Elsa Oeltjen-Kasimir, Malerin und Bildhauerin aus Österreich, war Oeltjens zweite Ehefrau und große Liebe. Selbst nach ihrem plötzlichen Tod 1944 beherrscht sie sein Werk, jetzt als Inbegriff der Harmonie. Für Jan Oeltjen ist Elsa Leidenschaft von Anfang an: 1910 — erstes Zusammentreffen auf Ischia. Jan Oeltjen malt Elsa als Halbakt im Stile Gaugins vor exotischer Kulisse - und verläßt Ehefrau und neugeborene Tochter. Bereits ein Jahr später heiratet er Elsa.

Im ersten Weltkrieg trifft ihre glühende Verehrung für Oskar Kokoschka Oeltjen schlimmer als alles, was er an der Front erlebt. Dies dokumentieren seine Tagebücher. Später entsteht das Ölgemälde „Idyll“ in Anlehnung an Kokoschkas „Windbraut“ — Elsa als zarte Geliebte in ländlicher Idylle. Immer wieder ist Elsa die treibende Kraft, wenn er sich mit anderen Malern auseinandersetzt. Und die Beziehung zu ihr, auch die Gegensätze zwischen seiner und ihrer Heimat, sind wohl häufigstes Thema seiner Werke.

„Selbsttherapie“ diagnostiziert die Oldenburger Kunstwissenschaftlerin Dr. Ruth Irmgard Dalinghaus, die sich eingehend mit Oeltjens Leben und Werk befaßt hat. „Elsa war für ihn Traumfrau und Alptraum zugleich.“ — Privat urteilt die Wissenschaftlerin Dalinghaus ungleich härter: „Elsa war wohl eine ziemliche Zicke.“ isa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen