Träumt hier noch jemand vom Beruf?

■ Die Konkurrenz ist groß: 2.300 Jugendliche unter 18 suchen einen Job / Noch Fragen?

Schule und was dann? – Diese Frage stellen sich alljährlich viele Bremer Schulabgänger. Wer nicht gleich studieren oder dem Staat dienen möchte, kommt unausweichlich zu der schweren Frage der Berufswahl. Angesichts der täglichen Pleite-Meldungen wächst die Unsicherheit, einen Arbeitsplatz zu finden. Angesichts der 4,5 Millionen Arbeitslosen von erster Panik ergriffen, werden Tageszeitungen nach Ausbildungsplätzen hektisch durchblättert. Dabei wissen viele nicht, was sie eigentlich lernen möchten. Die Monatsstatistiken des Arbeitsamtes wirken sich nicht gerade ermutigend auf Jugendliche aus – doch ausgerechnet von dort soll die Hilfe bei der Entscheidung für die richtige Ausbildungsstelle kommen.

Der erste Weg führt Schüler in das Berufsinformationszentrum (BIZ) des Arbeitsamtes Bremen. Unser Bild vom Arbeitsamt (lange Korridore und endlose Schlangen) wird hier durch angenehme Büroatmosphäre zerstört. Vor öffentlichen Informationscomputern herrscht geschäftiges Treiben. „Das BIZ ist ein offenes Haus, in dem sich jeder über Berufe und deren Inhalte informieren kann“, erklärt BIZ-Leiterin Reibrich. Zu ihr kommen halbe Schulen, die gleich klassenweise im Computer nach Traumberufen fahnden. Nach einer kurzen Anleitung geben die Besucher ihre persönlichen Neigungen und Vorlieben ein. Was der Computer dann ausspuckt, geht jedoch häufig am eigentlichen Traumberuf vorbei. „Ich werde doch kein Kosmetiker!“tönt es lautstark von einem der Computerarbeitsplätze.

Der zweite Schritt ist der Blick in die Infothek. Sie hält in Mappen Infos über den Beruf bereit. Ernüchterung kommt oft schon beim Blick auf das monatlich erneuerte Arbeitsplatzangebot oder auf die schulischen Voraussetzungen. „Hier ist jetzt die Arbeitsberatung des Arbeitsamtes gefragt“, erläutert Arbeitsamts-Sprecher Jörg Nowag. In einem persönlichen Gespräch mit einem Berufsberater könne der ausgewählte Beruf näher beleuchtet und gegebenenfalls eine Alternative gefunden werden.

In der Theorie klingt dieses System gut. In der Praxis jedoch stehen ihm 2.346 arbeitssuchende bremische Jugendliche im März gegenüber. Dabei ist ein Hauptproblem oft die Diskrepanz zwischen den Wunschvorstellungen der Arbeitssuchenden und dem Arbeitsplatzangebot, meint Berufsberater Fenske. Beratung und Stellenbörsen sollen dagegen helfen. Trotzdem finden insbesondere Schulabgänger mit einem Hauptschulabschluß oft keine Lehrstelle in ihrem Wunschberuf und müssen auf noch vorhandene, weniger beliebte Lehrstellen zurückgreifen. Als besonderer Problemfall gelten auch jugendliche Aussiedler. Hier versperrt oft eine Sprachbarriere den Einstieg in den Arbeitsmarkt.

„Eine häufige Hürde ist die mangelnde Qualifikation der Bewerber“, sagt Fenske. „Es kommt nicht nur auf die schulische Vorbildung an, sondern auch auf die physische und psychische Belastbarkeit der Azubis.“Wie schwierig das Durchhalten ist, erlebte Tariq Wohlbrück. „Ich machte über ein Jahr lang eine Lehre als Koch und habe keine Lust mehr. Das war nichts für mich!“Nach dem Abbruch seiner Lehre sucht er jetzt seinen Weg über die Beratung im BIZ.

Sehr zufrieden zeigt sich Lehrer Schäfer, der mit seiner 9. Klasse von der Gesamtschule Weyhe dem BIZ einen Besuch abstatte und auf reges Interesse seiner Schüler trifft.. „Die angebotenen Filme und Materialien sind hervoragend. Auch die konkrete Beratung war sehr überzeugend für die Schüler“, bilanziert Schäfer.

„Die frühzeitige Beratung ist ein Muß für eine erfolgreiche Arbeitsplatzsuche“, sagt Arbeitsberater Fenske. Trotzdem wird das Ausbildungsangebot die Bewerberzahl: voraussichtlich wieder übersteigen „...und es ist noch kein Land in Sicht“, resumiert der engagierte Berufsberater. Steffen Wienberg