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Traditionalisten geben keine RuhePiusbrüder auf Konfrontationskurs

Nach der Aufforderung des Papstes, Bischof Williamson solle seine Holocaust-Leugnung widerrufen, provoziert die Bruderschaft weiter. In Deutschland sinkt das Ansehen Benedikts.

Rückfall ins Dunkel? Ginge es nach der Piusbruderschaft, gebe es in der katholischen Kirche keine Modernisierung. Bild: dpa

Die Piusbruderschaft mauert. Nach der Aufforderung des Papstes an ihren britischen Bischof Richard Williamson, seine Holocaust-Leugnung zu widerrufen, ist von dem Briten nichts zu hören. Und der deutsche Zweig der Bruderschaft fühlt sich von den Medien"bösartig angegriffen" und ist "zu keiner Stellungnahme mehr bereit".

Zugleich allerdings wurde bekannt, dass der Obere der Bruderschaft, der Schweizer Bischof Bernard Fellay, angehende Geistliche im Priesterseminar der Bruderschaft bei Regensburg weihen will. Weil sie offiziell zwar nicht mehr exkommuniziert, aber weiterhin suspendiert sind, werten Kirchenrechtler die geplanten Weihen als Akt bewussten Ungehorsams gegen die Autorität des Papstes.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, betonte, die Rücknahme der Exkommunikation bedeute keine Rehabilitierung der umstrittenen Bischöfe. Diese setze die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils und den Respekt vor dem Papst voraus. Zollitsch schloss eine endgültige Trennung der Traditionalisten von der katholischen Kirche nicht aus.

Unterdessen leidet die bisher große Beliebtheit des Papstes, der für 2010 seine nächste Deutschlandreise planen soll, in seinem Heimatland massiv: Hatten beim Amtsantritt von Joseph Ratzinger als Papst im April 2005 noch fast zwei Drittel der Deutschen (63 Prozent) von einer guten Wahl gesprochen, so sind jetzt nur noch 42 Prozent mit seiner Arbeit sehr zufrieden oder zufrieden, ergab eine Umfrage von Infratest dimap. Auf großes Unverständnis stieß die Entscheidung des Papstes, die Exkommunikation der Piusbrüder aufzuheben. Fast zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) sprachen sich dafür aus, Williamson wieder aus der katholischen Kirche auszuschließen.

Die Piusbruderschaft gilt als radikalkonservative Abspaltung der katholischen Kirche. Bereits 1975 hatte der Vatikan die Priesterbruderschaft St. Pius X., der Williamson angehört, aus der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen. Der Grund: Sie lehnt jede Form von Modernismus ab, auch die Erneuerung innerhalb der Kirche.

Bereits die Gründung der Bruderschaft zeugt von dieser Weigerung. Weil er das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ablehnte, rief der traditionalisitische Erzbischof Marcel Lefebvre die Piusbruderschaft 1970 ins Leben. Damit war der Grundstein des bis heute währenden Glaubensstreits gelegt. Religionsfreiheit und die Ökumene, die Liturgiereform, nach der die Messe in den Landessprachen, statt auf Latein gelesen werden sollte, Mitspracherechte für christliche Laien in der Gemeindearbeit und die Beendigung der jahrhundertealten Feindschaft mit dem Judentum - all das kam für Lefebvre einem Verrat an der Religion gleich. Die heilige Tradition sei unveränderlich, heißt es noch heute auf der deutschen Internetseite der Bruderschaft. "Es kommt nichts Neues hinzu."

Obwohl der Vatikan Lefebvre 1976 von seinem Amt als Bischof suspendierte hatte und dieser damit alle Vollmachten seines Priester- und Bischofsamts verlor, weiht die Bruderschaft weiterhin Exseminaristen zu Priestern. Darüber hinaus betreibt sie ohne Erlaubnis des Vatikans Priesterseminare, Kapellen und auch Schulen.

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13 Kommentare

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  • H
    Haiduk

    Wie Wilfried Soddemann richtig anmerkt, fand der völlig zurecht beklagte Traditionsbruch schon beim ersten vatikanischen Räuberkonzil statt. So wie sich heute die Frage stellt, ob das Schisma mit den Lefebristen geheilt werden kann, so stellte sich damals die Frage mit den Altkatholiken. Ökumenisch war weder das erste noch das zweite Vatikanum, weil die heilige Orthodoxie in beiden Fällen außen vor blieb. Die Lutheraner spielen an dem Punkt tatsächlich keine Rolle, weil ihnen die apostolische Sukzession fehlt und Luther zudem noch den Frevel beging, das bei den ersten sieben ökumenischen Konzilen unter Mitwirkung des Heiligen Geistes gegebene kanonischen Recht zu verbrennen.

  • RK
    Roland Klose

    "Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann ist zur Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. im Vatikan.

     

    Benedetto: "Wie meistern Sie die Bankenkrise, Herr Ackermann?"

     

    Joe: "Ich gründe für meine faulen Ramschpapiere eine "Bad Bank".

     

    Benedetto: "Sie hat mir der Herr geschickt. Jetzt habe ich die Lösung. Ich mache Holocaust-Leugner Williamson einfach zum Bischofsvikar meiner neuen "Bad Church."

  • A
    Alan

    Man denkt an den Film ,,Das Boot ist voll".

    Die Schweitzer haben vieles erfunden was

    den Deutschen zugeschrieben worden ist.

    Trotzdem ist Ratzinger Deutscher und

    Bayer ... na! ist er vielleicht auch und

    ueberwiegend Schweitzer?

  • G
    Golem

    Piusbrüder auf Konfrontationskurs:

     

    Leider hat es die taz immer noch nicht geschafft, sich mit der Materie angemessen zu befassen. Wenn diese Piusbrüder schon seit Jahrzehnten ihr Unwesen treiben, kommt sie, wie weite Teile der Medien in Deutschland, aus dem Mustopf. Aber wahrscheinlich empfindet die taz bei der Bearbeitung dieses Themas genauso, wie Frau Künast bei einem Praktikum im Kernkraftwerk.

     

    Insofern kommt dabei dann auch nichts anderes heraus als der Einheitsbrei, wie er auch in der Springerpresse nachzulesen ist, ebenso falsch wie einfach gestrickt. Wahrscheinlich haben einige in der Redaktion noch eine unverarbeitete katholische Vergangenheit aufzuarbeiten.

     

    Das Thema passt nicht zur taz, zumindest nicht in der durchgeführten Art und Weise. Das Literarische Colloquium analysiert ja auch nicht Bundesligaergebnisse. Als ob der typische taz-Leser ein interessierter gläubiger Katholik ist.

     

    Insofern ist die Entscheidung des Tages auch nicht besonders orginell. Die Wahl einer anderen Glaubensgemeinschaft wäre da schon vielleicht etwas interessanter gewesen. Wahrscheinlich wäre die Chance größer gewesen, mittelalterliche Inquisitionsprozesse mit ihren Folgen auch mal selbst in unserer Zeit erleben zu dürfen. Aber wie so oft in der Weltgeschichte reiht man sich lieber bereitwillig als Mitläufer in den Kreuzzug gegen die katholische Kirche ein.

  • RH
    Ralf Houven

    Als Katholik halte ich nichts von diesen Betonköpfen! Traditionaslisten sind das nicht, denn auch Traditionen entwickeln sich langsam weiter. Diese Leute sind aber in ihrer Entwickung Anfang der 1960er Jahre stehen geblieben. Leider sind sie nicht harmlos.

  • B
    Bert

    Richard Williamson, Holocaustleugner und seit kurzem durch Vatikanführer Ratzinger anerkannter Kathole, schreibt (lt. Wikipedia) über Frauen:

     

    (Zitat:) "Aufgrund aller Arten von naturgegebenen Gründen sollte nahezu kein Mädchen zu irgendeiner Form von Universität gehen. (...) Daß Mädchen keine Universitäten besuchen sollten, liegt in der Natur der Universität und der Natur des Mädchens begründet. Echte Universitäten stehen für Ideen, Ideen sind nichts für richtige Mädchen, demzufolge sind echte Universitäten nichts für richtige Mädchen" (Zitat Ende.)

     

    Taten sprechen lauter als Worte. Eine Organisation, die Holocaustleugner und Frauenfeinde als Mitglieder aufnimmt, ist durch die Tat erwiesenermaßen antisemitisch und frauenfeindlich, egal was immer von solch einer Organgisation an salbungsvollem Gerede abgesondert wird.

  • W
    Winsent

    Demokratiefeindlich!

     

    Tatsache ist, die Priesterbruderschaft St. Pius X ist gegen Religionsfreiheit. Für jeden nachlesbar, der sich sachlich informiert.

    Damit ist sie gegen unsere Verfassung, gegen das Grundgesetz.

     

    Sie ist gegen die freiheitlichen Rechte der Bürger - unser aller Rechte.

     

    Dem Vatikan ist dies sehr wohl bekannt und er unterstützt es stillschweigend durch seine Wiederaufnahme der Piusbrüderschaft.

     

    Wo leben wir heute? Im Mittelalter?

    Wir leben noch in einem freiheitlichen Staat, in dem Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit gilt. Wer dies nicht unterstützt ist weit mehr als intolerant - er ist fanatisch.

     

    Und: Nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz kann man aus der Katholischen Kirche austreten, in anderen Ländern ist dies nicht möglich, weil "die Taufe nicht rückgängig gemacht werden kann."

     

    Welch Anmaßung einer Kirche, den freien Willen des Einzelnen nicht zu respektieren!

    Jeder Erwachsene hat das Recht auf freie Wahl - auf die Freiheit, seinen individuellen Weg im Leben zu gehen. Wer dies nicht zuläßt, nicht wünscht, ist demokratiefeindlich, machtversessen und diktatorisch.

  • S
    snabul

    Fein.

    Der erste informative Artikel, den ich zum Thema in einer Tageszeitung gefunden habe.

    Weiter so!

  • Q
    quer

    Die Piusbruderschaft vereinigt Personen, die sich nicht der jesuanischen Barmherzigkeit verschrieben haben, sondern es sind Wölfe, die alle in der Neuzeit - oft unter enormem Blutzoll - herbeigeführten Errungenschaften wieder niederkämpfen wollen, und eine Gottesherrschaft auf Erden errichten wollen. Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit und Meinungsfreiheit werden zu menschlichen Irrwegen der Aufklärung und Französischen Revolution und somit als Teufelswerk verdammt. Diese Bruderschaft ist auf eine pathologische Weise antimodernistisch - und antisemitisch. Diese Leute sind wie Neonazis und Rechtsextremisten - und denen reicht der Staat auch nicht die Hand.

     

    Der Bonner Politikwissenschaftler und Parteienforscher Gerd Langguth hält die Pius-Bruderschaft für einen "Fall für den Verfassungsschutz". Die Bruderschaft strebe einen "katholischen Gottesstaat an", sagte Langguth im ZDF. "Es ist eine Frage des Verhältnisses dieser Organisation zur freiheitlichen und demokratischen Grundordnung. Und dieses sehe ich hier infrage gestellt. Deswegen glaube ich, dass es eine Aufgabe des Verfassungsschutzes ist, sich darum zu kümmern."

     

    Diese Menschen würden uns in das allerfinsterste Mittelalter zurückführen; hoffentlich findet der Vatikan die Kraft, sich von diesen Menschen definitiv und für immer zu trennen!

     

    Fundamentalisten, die den Glauben zur Ideologie erheben, dürfen keinen Platz in Führungspositionen im 21. Jahrhundert bekommen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Opus-Dei-Leute in der Umgebung des Papstes nicht häufig ähnlich gestrickten Denkmustern anhängen!

  • GB
    Günter Benas

    Benedikt! Ich frage Dich:

    "Piusbrüder - oder ich?"

  • FM
    freier Mensch

    Da pupst der Papst - so titelte die taz vor Jahrzehnten und prangerte damit in erfrischend respektloser Weise die moralische Rückständigkeit des katholischen Führers an. Damals ging es u.a. um das Verbot der Empfängnisverhütung und die katastrophalen Folgen vor allem in Drittweltländern. Hat sich seitdem etwas Wesentliches geändert? Nein. Vor allem nicht im Zentrum der katholischen Macht, wo nur ein hoffnungslos naives Gemüt die Bündelung von sozialer Intelligenz vermuten würde.

     

    Nun hat sich gerade in Deutschland unter Katholiken schon länger eine fast ironische Distanz zum Vatikan entwickelt, und das erstaunlicherweise auch unter Kirchenbediensteten. Durch die Wahl Ratzingers ist es dann vorübergehend zu einer mehr oder weniger nationalistischen Euphorie gekommen, in der alles Rückständige blutsbrüderlich unter den Tisch gebetet wurde, und jetzt, wo mal wieder braune Soße aus allen Ritzen quillt, bleibt der Kater nicht aus und man erkennt: der Ratzinger ist eben auch bloß ein Papst.

     

    Wer aber nun mit dem Stinkefinger auf diese merkwürdige Bruderschaft zeigt und gleichzeitig das Papstamt anerkennt, hat bei der katholischen Amtskirche nicht hingeschaut. Dort gibt man sich zwar reformfreudig und hat sich sogar großmütig dazu herabgelassen, die Juden als "ältere Brüder" anzuerkennen (ja was denn sonst - erschießen vielleicht?), und man(n) hat sich sogar dazu durchgerungen, in Frauen so etwas wie selbständige Menschen zu sehen (ohne ihnen jedoch die daraus resultierenden Rechte zuzugestehen). Bei all diesen lächerlichen Versuchen verkennen sie völlig, dass sie selbst den meisten Nichtkatholiken wie Überreste eines ägyptischen Mumienschatzes erscheinen.

     

    Wir wissen zwar nicht, wie Jesus von Nazareth über dieses ganze Kasperletheater urteilen würde - vermutlich gar nicht - aber die Vorstellung, er - der im Bewusstsein eines Christen ja mitten im Heute lebt mit all unseren Kenntnissen - würde nur milde herablächeln... wäre zutiefst... katholisch?

  • TB
    thomas bode

    Der Papst repräsentiert eine groteske Form von Weltanschauung die hoffentlich bald endgültig der Vergangenheit angehört. Das ist völlig unabhängig davon ob dieser Papst etwas klügere Öffentlichkeitsarbeit betreibt, rötere Pantoffeln trägt oder toleranter ist als andere Päpste. Religion geniesst traditionell hohes gesellschaftliches Ansehen ist aber gerade in seiner nahöstlichen Ausprägung (Monotheismus) nichts anderes als eine geistige Verirrung aus der jederzeit Unheil entstehen kann, und tatsächlich entstand und immer noch entsteht. Der Begriff des "Glaubens" selbst ist heroisiert sollte aber eigentlich spätestens seit der Aufklärung in seiner Lächerlichkeit erkannt worden sein. Und dass die soziale Funktion der Religion überflüssig ist sieht man daran dass Gesellschaften die weniger religiös sind keineswegs weniger ethisch sind.

  • DW
    Dipl.-Ing. Wilfried Soddemann BBU e.V. Vorstand Umwelt und Gesundheit

    Kritik an Papst Benedikt XVI.

     

     

     

    Papst Benedikt XVI. steht wegen der Rehabilitierung von vier erzkonservativen Bischöfen heftig in der Kritik. Er wird deshalb auch von hohen katholischen Würdenträgern kritisiert. Durch einen genialen Befreiungsschlag könnte sich Papst Benedikt XVI. rehabilitieren. Er könnte das Dogma, den Lehrsatz von der Unfehlbarkeit des Papstes als verbindliche Lehre der katholischen Kirche, beschlossen auf dem I. Vatikanischen Konzil 1869/70, aufheben.