Tour de France: Winokurow in der Trotzecke
Alexander Winokurow ist ein Radprofi alter Schule - immer umgeben von sinistren Beratern. Er und sein dopingverseuchtes Team Astana kämpfen um die Zulassung zur Tour
Es gibt ein neues Geständnis im internationalen Radsport. Alexander Winokurow hat es abgelegt. Der Kapitän von Team Astana hat zugegeben, mit Michele Ferrari, einem überführten Dopingarzt mit dem Spitznamen "Dottore Epo", zusammenzuarbeiten. Es ist ein Geständnis, das ein wenig untergegangen ist in den letzten Tagen, in denen es immer wieder auch Astana-Profis waren, die in den Fokus der Dopingfahnder geraten waren. Matthias Kessler wurde bei einer Trainingskontrolle positiv getestet und vom Team suspendiert, der des Dopings dauerverdächtige Eddy Mazzoleni wegen auffälliger Blutwerte vorsorglich aus dem Aufgebot von Astana für die Tour de France gestrichen.
Die Schweizer Renngruppe bangt um ihre Teilnahme an der Tour de France. Vorsorglich teilte man nun mit, dass der Berater des Teams, der massiv unter Druck stehende ehemalige Chef von Team Telekom, Walter Godefroot, bei der Tour nicht benötigt werde. Nun hat Jörg Jaksche angedeutet, dass Winokurow ein Kunde des Eigenbluttauschers Eufemiano Fuentes gewesen sein könnte. Zudem wurden die Gerüchte immer lauter, die besagten, der Kasache arbeite mit Ferrari zusammen. Das hat er nun bestätigt.
Doch Winokurow ist keiner, der auspackt. Er habe, so sagt er, sich von Ferrari lediglich die Trainingspläne ausarbeiten lassen - mehr nicht. Weil die Staatsanwaltschaft einst Trainingspläne von Ferrari sicherstellen konnte, in denen neben dem Übungspensum auch ein ausgeklügelter Medikamentenplan verzeichnet war, haben Richter im vergangenen Jahr festgestellt, dass Ferrari schuldig ist. Verurteilt werden konnte er nicht. Die Fälle, um die es ging, waren verjährt.
Als vor einem Jahr das Team Liberty Seguros, bei dem Winokurow seinerzeit unter Vertrag stand, wegen der Fuentes-Affäre von der Tour ausgeschlossen wurde, gerierte sich Winokurow als Opfer. In der Tat tauchte sein Name nicht in den Kundenlisten von Doktor Fuentes auf. Nach den Aussagen Jaksches holt ihn nun die Affäre doch noch ein. Winokurow jedoch verharrt in der für Radsportler jahrelang typischen Trotzhaltung. Eine "Hexenjagd" werde veranstaltet, beschwerte sich der 33-Jährige, nachdem die Anti-Doping-Beauftragte des Internationalen Radsportverbandes (UCI) Anne Gripper bemängelt hatte, dass es schwer sei, die Astana-Profis zu unangekündigten Tests heranzuziehen, weil diese nicht in ihren Team-Trikots trainieren würden.
Alexander Winokurow will unbedingt die Tour fahren, er will sie sogar gewinnen. Sollte das Team Astana tatsächlich zugelassen werden, sollte Winokurow am Sonntag beim Prolog tatsächlich von der Rampe rollen, würden in seinem Windschatten zwei sinistre Doktoren mitradeln: der Spanier Fuentes und der italienische Epo-Pionier Michele Ferrari. Letzterer hat seine Mittel einst an Helden wie Claudio Chiapucci oder den heutigen Manager von Winokurow Tony Rominger, verabreicht. Er hat den siebenmaligen Toursieger Lance Armstrong beraten, dessen Erfolge eben wegen jener Zusammenarbeit immer mit einem Makel belegt waren. Als vor einem Jahr das deutsche T-Mobile-Team damit begann, auf Dopinganschuldigungen durch Staatsanwaltschaften und Presse Taten folgen zu lassen, da verbot das Team seinen Fahrern, sich von Ferrari beraten zu lassen. Von Eddy Mazzoleni - auch der radelte bis vor kurzem noch in Magenta - trennte man sich auch deshalb, weil dessen Name auf einem jener Trainings- und Dopingpläne stand, die den Sportarzt als Drogendoktor ausweisen. Viele Teams beendeten in der Folge des Richterspruchs gegen Ferrari offiziell die Zusammenarbeit mit dem Sportarzt. Die Zusammenarbeit ihrer Piloten mit ihm duldeten sie.
Während sich jedweder Kontakt zu Eufemiano Fuentes mittlerweile verbietet, bleibt unbestraft, wer die Dienste des erfahrenen Epo-Apologeten Ferrari nutzt. Die verseuchte Version des Radsports läuft weiter, einer ihrer Protagonisten heißt Alexander Winokurow.
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