Tour de France: Rasmussens auffälliges Verhalten
Hat der Spitzenreiter der Tour de France gedopt? Der Dänische Radsportverband hat Michael Rasmussen aus seinem WM-Kader genommen.
Als Michael Rasmussen am vergangenen Sonntag das Gelbe Trikot übernahm, schwante vielen Radsportkennern bereits Böses. "Man weiß doch genau, wer umgedacht hat und wer nicht" sagte ein altgedienter französischer Reporter, der unerkannt bleiben wollte, als Rasmussen in Tignes das Trikot überstreifte.
Mehr als Vermutungen über Rasmussen gibt es bis heute nicht. Aber immerhin "Auffälligkeiten in seinem Verhalten und in seiner Einstellung", erklärte der dänische Radsportverband. Diese Auffälligkeiten hatten ihn, wie erst am Freitag bekannt wurde - bereits am 29. Juni dazu veranlasst, seinen besten Fahrer aus dem Nationalkader für die Weltmeisterschaft im Herbst zu streichen. Rasmussen war bei zwei Trainingskontrollen nicht anzutreffen, weil er den Verband nicht rechtzeitig über seinen Aufenthaltsort informiert hatte.
Die Verbannung aus dem Nationalkader hat vorerst keine Konsequenzen für die Tour de France. Direktor Christian Prudhomme bestätigte, dass es vorerst keine Grundlage dafür gebe, den Träger des Gelben Trikots aus dem Rennen zu nehmen. Rasmussen ist vom Radsport-Verband UCI bislang nur verwarnt worden, und eine Verwarnung reiche für einen Ausschluss nicht aus. Rasmussen selbst sah die Angelegenheit als Bagatelle an: "Es ist doch gar nichts passiert. Ich bin wegen eines kleinen administrativen Fehlers verwarnt worden."
Allzu sicher kann Rasmussen jedoch nicht sein, dass er die Tour auch zu Ende fahren darf. Prudhomme kündigte an, vom dänischen Verband "weitere Informationen einzuholen." So wolle er klären, ob eine Verwarnung mit einer Strafe gleichzusetzen sein und ob diese eine Grundlage für einen Ausschluss darstelle.
Michael Rasmussen hält sich häufig zum Training in Mexiko auf. Offenbar war er dort, um sich auf die Tour de France vorzubereiten, als die UCI Kontrolleure im Juni bei ihm zu Hause klingelten. Seine Begründung für die Reisen ist eigentlich plausibel. Seine Frau ist Mexikanerin, und das Paar schlägt bei den Trips zwei Fliegen mit einer Klappe. Rasmussen absolviert dort sein Höhentraining, sie besucht ihre Familie. Der dänischen Radsportverband vermutet jedoch, dass sich Rasmussen den Kontrollen zu entziehen versuche.
Einen konkreten Dopingverdacht gibt es derzeit zwar nicht. Allerdings hat sich der zweifache Gewinner des Tour-de-France-Bergpreises auch nie als Dopinggegner profiliert. So war Rasmussen unter den 189 Tour-de-France-Startern in diesem Jahr der allerletzte, der den Ethikcode des Radsportverbandes UCI unterzeichnete - eine Voraussetzung für die Tour-Teilnahme.
Es gibt weitere Gründe zur Skepsis gegenüber Michael Rasmussen. So ist sein Karriereverlauf gelinde gesagt erstaunlich. Erst im Jahr 2001, im Alter von 27 Jahren, begann der frühere Mountainbikeprofi mit dem Straßenradsport, wurde jedoch gleich in seinem ersten Profijahr bei der Emilia-Rundfahrt Dritter. Im gleichen Jahr assistierte er dem später des Blutdopings überführten Amerikaner Tyler Hamilton bei dessen zweiten Platz im Giro Italia. 2005 und 2006 war Rasmussen der beste Bergfahrer der Tour.
Auch seine Zusammenarbeit mit dem italienischen Trainer Paolo Rosola nährt Spekulationen. Rosola hatte auch Mountainbike-Olympiasiegerin Paola Pezzo betreut, die später wegen Anabolikadopings gesperrt wurde. Ferner rechnete der französische Sportwissenschaftler Antoine Voyer aus, dass Rasmussen am vergangenen Wochenende bei seiner Fahrt ins Gelbe Trikot in Tignes, am entscheidenden Anstieg effektiv mehr Leistung erbracht habe als die Tour-Kletterkönige Marco Pantani und Richard Virenque zu ihrer Zeit. Von beiden, sowohl Pantani als auch Virenque, weiß man heute, dass sie skrupellos mit Epo hantiert hatten.
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