Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Ob am Familienessenstisch oder in der U-Bahn: Kritik wird oft mit Empörung verwechselt. Was aber ist Kritik? Darüber sprach Michel Foucault bereits 1978 und resümierte, dass erst die kritische Haltung das Subjekt in ein aufklärerisches „Verhältnis zur Gesellschaft“ setzt. Es braucht einen Abstand, von welchem aus man sich den gesellschaftlichen Imperativen ein Stück weit entziehen kann. Diese Abstandnahme nennt er die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden. Künstler*innen in diesem Sinne möchten viele sein, denn es geht ja nicht zuletzt darum, die eigene Souveränität gegen Fremdbestimmungen zu behaupten. Doch die daraus entstehende Kritik ist oft eine verkürzte: Um Macht- und Herrschaftsverhältnisse nachhaltig hinterfragen zu können, bedarf es nach Foucault der reflektierten Unfügsamkeit und nicht des empörten Antisystemblökens. Es folgen die aktuellen Wochentermine für Künsterl*innen und Kritiker*innen:
Neben anderen gekündigten Freiräumen gilt die Kollektivkneipe Syndikat als Symbol einer solchen Unfügsamkeit. Das Kollektiv verweigerte nach der Kündigung die Schlüsselrückgabe. Nun haben sie den ersten Termin für die Verhandlung der Räumungsklage bekommen. Das Kollektiv möchte sich aber weiterhin für eine solidarische Kiezkultur von unten einsetzen und organisiert aus diesem Grund schon jetzt eine Kundgebung, um für den Erhalt vielfältiger Kiezstrukturen zu streiten (18. 7., Weisestraße 56, 18.30 Uhr).
Auch am Samstag sucht der reflektierte Ungehorsam sich seine Ausdrucksformen auf den Straßen. Unter dem Motto „Summer Sale Berlin“ wird vor der Friedrichshainer Holteistraße 19 gegen den „Ausverkauf“ der Stadt protestiert. Das Haus mit der Nummer 19 wurde nach Angaben der Mieter*innengemeinschaft verkauft, die sich nun gegen ihre mögliche Verdrängung wehren will. Damit sprechen die Bewohner*innen einen strukturellen Konflikt in der Stadt an, denn viele Menschen können sich nach einem Hausverkauf erhöhte Mieten nicht mehr leisten (20. 7., Holteistraße 19, 14 Uhr).
Zuletzt wird am Montag mit baskischen Aktivist*innen im New York im Bethanien über die Vorbereitungen und Mobilisierungen gegen den G7-Gipfel im südfranzösischen Biarritz am 24. August diskutiert. Gipfeltreffen ausgewählter Staaten können als überzeichnetes Sinnbild der Regierung von Menschen gelesen werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Gegenprotest demokratische Mitspracherechte einfordert, wenn es um die Zukunftsgestaltung der Welt geht (22. 7., Mariannenplatz 2 a, 20 Uhr).
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