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Tomaten von den Augen nehmen

■ betr.: „Keine Geschlechterdemo kratie in Sicht“ von Halina Bend kowski, taz mag 12. 9. 98

Wenn Halina Bendkowski sich darüber beklagt, daß die Anfänge der neuen Frauenbewegung in der Historisierung der 68er-Bewegung bislang zu kurz gekommen seien, dann hat sie nur zum Teil recht. Sicher gibt es einige Beispiele jüngerer Publikationen, in denen die Rolle der Frauen unterbelichtet ist. Insgesamt aber ist es reichlich übertrieben, das Bild von der Geschichtsschreibung vermeintlicher Sieger zu bemühen, um darauf hinzuweisen, daß die Frauen nun in der Darstellung der Revolte leer ausgegangen seien. Besonders befremdlich ist es, wenn sie glaubt, in diesem Zusammenhang auch meinen Namen nennen zu müssen.

Sie behauptet, ich hätte im Nachwort zu einer dreibändigen Historisierung des Jahres 1968 nichts über die damals einsetzende Frauenbewegung zu berichten gewußt. Im dritten Band meiner Dokumentation „Frankfurter Schule und Studentenbewegung“ ist jedoch absichtlich auf ein eigenes Nachwort verzichtet worden. Statt dessen finden sich dort Kommentare zu den unterschiedlichsten Aspekten der damaligen Bewegung. Darunter auch ein Beitrag von Mona Steffen über die Entstehung der Weiberräte im SDS und ein weiterer von Ulrike Prokop über die Geschichte der Frankfurter Frauenseminare in den siebziger Jahren. Falls Halina Bendkowski jedoch den ebenfalls in diesem Jahr erschienenen Band „1968 – Das Jahr, das alles verändert hat“ meinen sollte, dann irrt sie auch hier. Die Darstellung der Frauenrevolte im SDS nimmt darin breiten Raum ein. Und auch im Nachwort wird sie unter der Fragestellung, wofür 1968 insgesamt stehen sollte, gewürdigt. Vielleicht sollte die Autorin die oft zitierten Tomaten von ihren Augen nehmen, um einen unverstellten Blick auf Texte wieder möglich werden zu lassen. Wolfgang Kraushaar, Hamburg

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