piwik no script img

Tödlicher Unfall im KKW Ibbenbüren

■ Im „größten Stinker der Nation“ wurden bei einer Reinigungsaktion acht Arbeiter verletzt und einer getötet / Betreiber schieben Verantwortung auf Kesselbaufirma / Anlage wegen Mängeln noch in Probebetrieb

Bochum (taz/ap) - Bei einer Verpuffung von Rauchgasen in einer Brennkammer des neuen Kohlekraftwerkes Ibbenbüren ereignete sich gestern morgen ein schwerer Unfall. Ein Arbeiter kam ums Leben, ein weiterer erlitt Verletzungen an 8O Prozent der Hautoberfläche, sieben Personen wurden „mittelschwer“ verletzt. Nach Angaben der Kriminalpolizei gegenüber der taz waren die Arbeiter zum Zeitpunkt des Unfalles damit be schäftigt, in der Brennkammer des Kraftwerksblocks B Asche abzuklopfen. Aus einem Brennschacht sei flüssige Asche ausgetreten, die vermutlich in Verbindung mit Wasser und Luft zu einer Verpuffung geführt habe. Staatsanwaltschaft und Gewerbeaufsichtsamt begannen am Nachmittag, die genaue Unfallursache zu prüfen. Nach Meinung von Experten hatte sich vermutlich trotz systematischer Abkühlmaßnahmen durch Luft und Wasser in dem Kessel noch ein „Glühnest“ befunden, an dem sich offenbar Gas entzündete. Sprecher der Betreiber, Preussag AG und Rheinisch–Westfälische Elektrizitätswerke (RWE), teilten mit, daß die Anlage am vergangenen Samstag „planmäßig“ abgestellt worden sei. In den nächsten Wochen sollte in dem Kraftwerksblock B die zweite von insgesamt drei Rauchgas–Entschwefelungsanlagen eingebaut werden. Zur Vorbereitung sollten die Arbeiter die Brennkammer leeren. Erst Ende letzten Jahres hatte Johannes Rau durch symbolischen Knopfdruck den mit 770 Megawatt größten Kohleblock der Welt zum Betrieb freigegeben. Wie die Preussag erklärte, tragen die Betreiber für das Unglück keine Verantwortung. Verantwortlich sei allein die Kesselbaufirma. Denn die Anlage sei „wegen bestimmter Mängel“ seit Juli erst in Probebetrieb. Bekannt wurde das Kohlekraftwerk als „größter Stinker der Nation“ mit einem jährlichen Ausstoß von etwa 40.000 Tonnen Stickoxiden bis zum Einbau eines Katalysators 1987/88.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen