Tödliche Überfälle im Iran: Und nachts greift die Miliz an

Iran Studenten berichten von nächtlichen Übergriffen auf Wohnheime. Inzwischen streitet selbst das iranische Parlament über das Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Erst wenn es dunkel wird, nimmt die Gewalt zu. Bild: dpa

Die Auseinandersetzungen über die Wahl haben nun auch das iranische Parlament erreicht. Während des Berichts einer vom Parlamentspräsidenten Ali Laridschani beauftragten Untersuchungskommission zu den Übergriffen der letzten Tage auf Universitäten und Studentenheimen kam es am Mittwoch unter den Abgeordneten zu heftigen Protesten der Anhänger der Regierung Mahmud Ahmadinedschads. Einige Teilnehmer der nicht öffentlichen Sitzung berichteten, dass es sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen sei.

Schon die Tatsache, dass Laridschani zur Untersuchung der Vorfälle eine Kommission eingesetzt hat, ist ein in der Islamischen Republik ungewöhnlicher Akt, der darauf deutet, wie tief inzwischen auch die Staatsführung gespalten ist. Um den Revolutionsführer Ali Chamenei wird es immer einsamer.

Laut Angaben der Tahkim Wahdat, der größten landesweiten Studentenorganisation im Iran, wurden bei den nächtlichen Überfällen der zivilen Ordnungskräfte auf Studentenwohnheimen in Teheran und Schiraz bis Dienstagnachmittag sieben Studenten getötet. Die Organisation macht dafür die Revolutionswächter und die Basidschi-Miliz verantwortlich. "Bei dem bisher brutalsten Angriff in der Nacht vom Sonntag auf Montag haben bewaffnete Zivilbeamte die Teheraner Universität gestürmt. Dabei sind fünf Studenten ums Leben gekommen", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Die Beamten, die auch von ihren Waffen Gebrauch gemacht haben sollen, hätten im Studentenheim "alles demoliert und einiges in Brand gesteckt". Bei ähnlichen Vorgängen in der südiranischen Stadt Schiraz seien zwei Studenten getötet worden. Es habe in den letzten Tagen auch Angriffe auf Studentenwohnheime in den Städten Isfahan, Maschhad, Kermanschah, Babol und Schahrud gegeben.

Der Rektor der Universität Teheran, Farhad Rahbar, kündigte an, er werde dafür sorgen, dass die Täter ermittelt und bestraft werden. Indes bestätigte der Rektor der Universität Schiraz, Mohammad Hadi Sadeghi, in einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur Irna, dass er nach den jüngsten Unruhen zurückgetreten sei. Über die Gründe machte er keine konkreten Angaben. An vielen Universitäten wurden die Prüfungstermine auf unbestimmte Zeit vertagt.

Nach den Angriffen in Teheran hatte Laridschani eine Kommission beauftragt, "die unerträglichen Vorkommnisse an der Universität Teheran" rasch zu untersuchen. Am Mittwoch legte der Leiter der Kommission, der Abgeordnete Mohammad Hossein Abutorabi, seinen Bericht dem Parlament vor. Wie der Abgeordnete Hassan Kamran der Nachrichtenagentur Ilna sagte, hätten einige Abgeordnete gegen die Behandlung des Berichts protestiert und verhindert, dass er bis zum Ende vorgetragen werden konnte. Sie hätte jedoch ihren Protest nicht begründet.

Laridschani kritisierte die nächtlichen Angriffe und bezeichnete sie als "unbedachte und unangemessene Vorgehensweise" und machte dafür den Innenminister verantwortlich. Auch 52 Abgeordnete verlangten eine Anhörung des Innenministers. Er solle auch über das Vorgehen der Ordnungskräfte "gegen die Bevölkerung" Rede und Antwort stehen.

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