„Titanic“-Chef über Mohammed-Cover: „Satire reagiert nur auf Ereignisse“
„Titanic“-Chefredakteur Leo Fischer über das Islambild der westlichen Medien, den Umgang mit Medienereignissen und die Relevanz von Religion.
taz: Herr Fischer, stimmt es, dass das Titanic-Cover im Oktober Bettina Wulff zusammen mit einem muslimischen Kämpfer zeigen wird? Die Überschrift soll lauten: „Der Westen in Aufruhr: Bettina Wulff dreht Mohammed-Film“...
Leo Fischer: Ja, das wird unser Titel. Der ist schon im Druck und wird am nächsten Freitag ausgeliefert. Das kann man nicht mehr verhindern.
Was soll uns dieser Titel sagen?
Er soll davor warnen, dass sich Bettina Wulff an die Islamkritik dranhängt. Er soll gegenüber den Gefahren sensibilisieren, die von dieser geltungssüchtigen Frau ausgehen.
Wer soll sich davon provoziert fühlen? Die Muslime oder Bettina Wulff?
Wir möchten, dass sich Bettina Wulff provoziert fühlt. Und wir wollen, dass die muslimische Welt weiß, dass sie nicht allein ist. Wir wollen uns mit der muslimischen Welt verbünden.
Fürchten Sie sich vor der Reaktion von Bettina Wulff?
Bettina Wulff ist sehr klagefreudig. Allerdings wird sie vom selben Anwalt vertreten wie der Papst. Also sehen wir einem möglichen Prozess gelassen entgegen.
Jahrgang 81, ist Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic und Mitglied bei „Die PARTEI“. Er schreibt außerdem Kolumnen für die Jungle World und regelmäßig für die „Wahrheit“-Seite der taz.
Das neue Heft soll eine Islam-Ausgabe werden. Normalerweise ist das Cover-Thema von Titanic im Heft doch gar nicht zu finden...
Das stimmt. Es wird keine ganze Islam-Ausgabe geben, nur den Titel und diesmal auch ein paar Artikel zum Thema.
Was halten Sie von den Mohammed-Karikaturen, die das französische Satiremagazin Charlie Hebdo kürzlich veröffentlicht hat?
Es sind einige schöne dabei, einige finde ich recht derbe, andere zu sanft. Aber Satire muss auf solche Ereignisse reagieren. Den Film verurteilen wir aufs schärfste, der ist nicht satirisch, sondern eine reine Provokation.
Das Pariser Außenministerium bezeichnete es als „nicht intelligent...Öl ins Feuer zu gießen“ und ließ als Reaktion auf die Veröffentlichung Botschaften und französische Schulen im Ausland schließen. Halten Sie das für Panikmache?
Also ich kenne Muslime, die sich über Satire freuen und sie sehr wertschätzen. Das Bild vom säbelschwingenden Moslem, der bei jeder Gelegenheit aus der Haut fährt, finde ich rassistisch und unerträglich. Die Reaktionen westlicher Medien sind ein Akt, der gegen die Muslime gerichtet sind. Manche politischen Institutionen warten nur darauf, im Westen Angst vorm Islam zu schüren und Fundamentalisten nutzen die Gelegenheit, um Angst vor dem Westen zu schüren.
Titanic druckte im Jahr 2005 die Mohammed-Karikaturen des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard. Haben Sie darüber nachgedacht, die neuen Karikaturen aus Charlie Hebdo auch nachzudrucken?
Die Karikaturen aus Dänemark wurden 2005 nur für die Rubrik „Humorkritik“ nachgedruckt um sie danach zu rezensieren. Als die neuen Karikaturen in Charlie Hebdo erschienen, war unser Heft schon in der Produktion. Sie waren für uns aber ohnehin nicht so interessant, dass wir sie unbedingt kritisch würdigen müssten.
Das vorletzte Titanic-Cover zeigte den Papst mit besudelter Soultane. Daraufhin klagte der Papst, beim Presserat gab es 180 Beschwerden. Viele kritisierten, dass Titanic angeblich nur die Christen verhöhnen würde, Moslems hingegen nicht. Ist der neue Titel auch ein Stück weit eine Reaktion auf diese Kritik?
Auch das muss ich zurückweisen. Der Titel spiegelt nur die neuen Medienereignisse zum Thema. Wir erzeugen keine Beleidigungen aus dem Nichts. Wir reagieren nur. Hätte es die Proteste und den Film nicht gegeben, würde es auch unseren neuen Titel nicht geben.
In den letzten Monaten war zwei Mal der Papst auf dem Cover, nun ein muslimischer Krieger. Ist das Thema Religionskritik in Titanic nicht vielleicht etwas überrepräsentiert in letzter Zeit?
Religion ist in der Welt überrepräsentiert. Wir stellen das dar, weil das Themen sind, die uns bewegen.
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