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Timoschenko schwer erkranktVerbotene Medikation

Ärzte aus Deutschland und Kanada reagieren nach dem Besuch bei der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin besorgt. Die Mediziner glauben Timoschenko habe "permanent Schmerzen."

Die EU kritisiert die Inhaftierung Timoschenkos seit langem als politisch motiviert. Bild: dpa

OTTAWA afp | Ein kanadischer Arzt, der mit weiteren westlichen Kollegen Zugang zu der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko erhalten hatte, hat sich besorgt über deren Gesundheitszustand geäußert. "Wir denken, diese Frau ist krank und hat permanent Schmerzen", schrieb Peter Kujtan am Donnerstag an den ukrainischen Botschafter in Ottawa, Troy Lulaschnik.

In dem Brief wirft der Mediziner den ukrainischen Behörden vor, das westliche Ärzteteam an einer vollständigen Untersuchung Timoschenkos gehindert zu haben. Die drei kanadischen und zwei deutschen Ärzte hatten Timoschenko vergangene Woche im Gefängnis von Charkiw besucht, um sich ein Bild von ihrem Gesundheitszustand zu machen und um toxikologische und Bluttests vorzunehmen.

Nach ihrer Abreise erklärten die ukrainischen Behörden, die Ärzte hätten die offizielle Diagnose bestätigt. Timoschenko müsse weder ins Krankenhaus eingeliefert noch operiert werden. Kujtan schrieb in seinem Brief, die ukrainischen Behörden hätten das Ärzteteam zu einer Untersuchung Timoschenkos eingeladen und dafür sogar medizinische Geräte mitgebracht.

Doch deren Anwendung sei ihnen unter Androhung rechtlicher Konsequenzen verweigert worden. "Die Behörden haben auch die Entnahme von für die Analyse notwendigen Proben verhindert", schrieb Kujtan. "Frau Timoschenko war voll einverstanden und hat die vertrauliche und unabhängige Untersuchung verlangt", erklärte der Arzt. Jede Behauptung, sie habe die Untersuchung verweigert, sei falsch.

"Wir denken, diese Frau ist krank und hat permanent Schmerzen", hieß es in dem Brief. Es seien verschiedene Laboruntersuchungen nötig. Er und seine Kollegen seien zudem "besorgt" darüber, dass Timoschenko Medikamente verabreicht worden seien, die in Kanada verboten seien. Zu dem Ärzteteam zählten der Neurologe Karl Max Einhäupl und der Orthopäde Norbert Haas von der Berliner Charité. Aus Kanada waren der Allgemeinmediziner Kujtan, eine Gynäkologin und ein Kardiologe in die Ukraine gereist.

Die einstige Anführerin der orangenen Revolution des Jahres 2004 und spätere Ministerpräsidentin sitzt seit August im Gefängnis und wurde im Oktober wegen Machtmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sie leidet an starken Rückenschmerzen und kann nach Angaben ihrer Anwälte kaum noch gehen, was die Vollzugsverwaltung bestreitet. Die EU kritisiert die Inhaftierung Timoschenkos, die bei der Präsidentschaftswahl 2010 gegen ihren Erzrivalen Viktor Janukowitsch unterlag, als politisch motiviert.

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6 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Gata

    Habe Ihren Kurzkommentar an mich gelesen. War etwas enttäuscht davon, hatte nämlich schon gehofft, dass vielleicht Sie wissen warum denn die arme Frau Timoschenko urplötzlich krank wurde, und das zeitgenau als das Urteil gegen sie raus war.

  • G
    Gata

    an A.B.B: Die Ausstattung des Gefängnisses spielt keine Rolle, wenn man dort einen Menschen fertig machen will. Im Vergiften hat ja die Clique um den wegen Diebstahl und Körperverletzung vorbestraften Präsidenten Janukowitsch so ihre Erfahrungen.

     

    an fragender: Richtig, Timoschenko wurde von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben, und zwar auf Betreiben der russischen Justiz, die einen Haftbefehl ausgestellt hatte. Das war im Dezember 2004, zufälligerweise während der orangenen Revolution infolge der massiven Fälschungen der Wahlen durch das Kutschma/Janukowitsch-Lager.

     

    an Benz: gähn!

  • SR
    Stefan Räbiger

    Ich verstehe nicht wieso soviel Aufheben um Frau Timoschenko gemacht wird, Sie hat wie A.B.B. richtig sagt keine Reform der Gefängnisse veranlaßt und Sie war auch korrupt. Diese Frau hat tausend Chancen die Sie hatte um die Situation im Land zu verbessern nicht genutzt. Statt dessen hat Sie sich auch mit ihren politischen Partnern überworfen weil nur um Macht gerangelt wurde. Der Auftritt der haarbekränzten Blondine war ja immer sehr ansehnlich, hat dem Land aber garnicht gebracht. Vielleicht bekommt Sie ja noch mal eine Chance auf der politischen Bühne, mal abwarten ob Sie dann was gelernt hat.

  • B
    Benz

    Sehr seltsam, diese urplötzliche geheimnisvolle Erkrankung. Bevor sie wegen massiver Korruption verurteilt wurde, war Timoschenko frisch und gesund, stellte sich sogar als Sexsymbol dar. Seit dem Urteil ist sie auf einmal arm, alt und krank. Was das wohl für eine seltsame Krankheit ist? Ich tippe mal auf schwere Justizallergie.

  • F
    fragender

    stand diese frau mal nicht auf der fahndungsliste von interpol.von der besitzerin einer videothek zur reichsten frau in der ukranine geht sicherlich nur mit kriminellen machenschaften und bestechungen.

  • A
    A.B.B.

    Als Frau Timoschenko Ministerpräsidentin war hatte sie doch die Möglichkeit die Situation in Gefängnissen zu verbessern. Jetzt wo sie selbst dort drin sitzt (zurecht!!) bekommt sie kein Mitleid von mir. Sie hatte alle Macht um Gefägnisse nach dem Vorbild Norwegens zu bauen, Chance vertan^^