„Time Magazine“ geht an Netz-Milliardär: Salesforce-Mitgründer kauft Zeitung
Der Softwareentwickler Marc Benioff kauft mit seiner Frau Lynne das US-Magazin „Time“. Es ist der zweite Eigentümerwechsel in kürzester Zeit.
Marc Benioff hat eine Botschaft: „Die Stärke der Time lag immer in ihrem einzigartigen Storytelling über Menschen und Probleme, die uns alle betreffen und verbinden“, twitterte er in der Nacht zu Montag. „Wir sind geehrt, diese ikonografische Marke verwalten zu dürfen.“
Marc Benioff ist offenbar so geehrt, dass er diesen Tweet gleich dreimal absetzte, jeweils versehen mit einem anderen Link zu den Nachrichtenartikeln, die vermeldeten, dass der Internet-unternehmer und seine Ehefrau Lynne das Time-Magazin kaufen. 190 Millionen Dollar zahlen sie dafür, umgerechnet rund 163 Millionen Euro.
Das Time-Magazin ist damit das fünfte US-amerikanische Traditionsblatt, dass in den vergangenen Jahren von einem Unternehmer und Milliardär gekauft wird. Vor fünf Jahren erwarb John Henry, Besitzer eines Baseball-Teams, den Boston Globe. Kurz darauf übernahm der Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post für 250 Millionen US-Dollar. Im Februar diesen Jahres kaufte Patrick Soon-Shiong die Zeitungen Los Angeles Times und die San Diego Union-Tribune für 500 Millionen Dollar.
Reich geworden ist Marc Benioff mit seinem Unternehmen Salesforce, einem Cloud-Anbieter aus San Francisco. Er ist Gründer und Chef von Salesforce und verfügt über ein geschätztes Nettovermögen von 6,5 Milliarden Dollar. Die Time kaufe er als Privatperson, sagte er in einem Interview, auf die Berichterstattung des Magazins wolle er keinen Einfluss nehmen.
Für Time ist es bereits der zweite Eigentümerwechsel innerhalb kürzester Zeit. Vor knapp einem Jahr übernahm die Mediengruppe Meredith (Sports Illustrated, Fortune) die Time für 2,8 Milliarden Dollar, kündigte aber kurz darauf an, das Magazin wieder verkaufen zu wollen, genau wie seine Blätter Fortune und Sports Illustrated.
Unter den US-Nachrichtenmagazinen ist Time Marktführer, vor Newsweek und US News & World Report. Wie viele andere Medien in den USA hat Time in den vergangen Jahren unter sinkenden Printauflagen und Werbeerlösen gelitten. Das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin verkaufte zuletzt 2,3 Millionen Exemplare pro Ausgabe. Ein Jahr zuvor waren es noch 3 Millionen Exemplare. Amerikanische Medien spekulieren bereits darüber, wie lange das Benioff-Ehepaar noch auf die gedruckte Ausgabe setzen wird.
International beachtet wird Time meist einmal im Jahr, wenn es die „Person des Jahres“ kürt. Im 2015 beehrte sie Angela Merkel mit dem Titel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Umwälzungen in Syrien
Aufstieg und Fall der Familie Assad
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“