■ Querrille: Tilman Rossmy: Willkommen Zuhause
Tilman Rossmy: Willkommen Zuhause (L'Age D'Or/Rough Trade)
„Herzweg“ heißt das extremste Stück auf der Platte. Extrem nun keineswegs aufgrund musikalischer Avanciertheiten. Sondern weil hier nun wirklich niemand weiß, ob der Liedtext haarscharf an der Peinlichkeit vorbei in irgendwas Schwarzes oder aber ohne Umwege mitten ins Peinliche trifft. „Ich geh den Herzweg. Ich verschließ mein Herz nicht“, singt Tilman Rossmy zur Akustikgitarre. Tja. Auch sonst befremdet einen beim ersten Hören manches Stück auf der Solo-Platte des mittlerweile 37jährigen Ex-Sängers der Regierung – bis man sich dabei ertappt, wie man es vor sich hinträllert. Sie gehen einem nach, diese Songs. Vielleicht sollte man aber gar nicht so sehr von Songs reden. Denn der Gesang des Tilman Rossmy, das ist eher ein verwundertes Reden, von Pausen in 16 Einzelstücke geteilt, die jeweils einer anderen Melodie folgen. Und dann ertönt von irgendwoher eine Orgel, und der Gesang hebt ab (“Romy Schneider Augen“). Oder ein gerades Schlagzeug treibt ihn vor sich her. Oder er schlägt sich mit Country-Elementen herum. Oder eine akustische Gitarre begleitet ihn auf der Suche nach der Sprache der Liebe (“Für diesen Moment“).
Der dichteste Song ist der titelgebende. Wer so singt wie Rossmy dort, kann kein ganz schlechter Mensch sein. Durch und durch uneitel. Also lassen wir die Katze aus dem Sack: schöne Platte, ganz im Ernst. Und „Herzweg“ ist unser peinlichstes Lieblingsstück, solange dieser wunderkalte Winter noch währt. Dirk Knipphals
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