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■ DaumenkinoTil „Teufel“ Schweiger

Die Chuzpe, mit der sich der Produzent Bernd Eichinger nun auch noch zum Regisseur und Drehbuchschreiber aufschwingt, ist atemberaubend. Liegt doch, wie sich jetzt zeigt, nichts von alledem im Bereich seiner Fähigkeiten. Die filmindustriellen Kanäle, die es ihm nach der Katastrophe von „Das Mädchen Rosemarie“ ermöglicht haben, nun auch noch „Der große Bagarozy“ zu drehen, müssten mal untersucht werden. Dann wüsste man unter anderem, warum jedes Jahr Dutzende talentierter Skriptwriter in ihren zugigen Dachkammern verhungern.

Weil das aber ein ungeheuer deprimierender Gedanke ist und weil Eichingers ganz private Obsessionen, denen wir diesen faulen Zauber um Liebe, Tod und Teufel nach eigener Auskunft zu verdanken haben, so klein, so mickrig und so uninteressant sind, hier ganz schnell am Thema vorbei zum lustigen Teil des Unternehmens: Den Teufel spielt Til Schweiger! Eichinger hat offensichtlich auch das Casting selbst besorgt. Schweiger also, seit Jahrzehnten im Stimmbruch, gibt den Leibhaftigen! Wieder gefangen? Noch mal? Okay.

Im Goethejahr 1999 schneit Til Schweiger alias Mephisto, vielleicht auch nur so ein Wahnsinniger wie Eichinger, in Corinna Harfouchs Psychologenpraxis und quengelt daher, dass sie sich gleich jenseitsmäßig in ihn verlieben wird und mit ihm schlafen will. Lullt sie mit dem gewohnt diabolischen Wortschatz aus „Manta Manta“ und „Lindenstraße“ derart ein, dass die Erotik nur so knistert. Völlig entgeistert sitzt die frustrierte Scheidungskandidatin daraufhin vor ihrer schauspielerisch nicht weniger überzeugenden Ikea-Schrankwand „Boris“ und bekommt gleich die schärfsten Vergewaltigungsfantasien. Sex mit dem Bösen, schaurig schön, darf ich mit ihm nach Hause gehn? Aber ja doch. Alle Hüllen und Hemmungen fallen, weil sie nämlich nicht weiß, dass der fiese Trickbetrüger sie nur zu seinem Idol Maria Callas ummodeln will, mit der er vor Urzeiten mal was hatte, bevor sie dann leider gestorben ist, woran er – wie einige historisch wertvolle Schwarzweißrückblenden mühelos beweisen – auch nicht schuldlos war. Teufel auch! Den Schluss wollen wir hier nicht verraten, damit's spannend bleibt.

Nur noch so viel: Der auf dem Plakat zum Film so hübsch zwischen die Beine von vorgeblich Corinna Harfouch platzierte Pudel ist zwar Til Schweiger, er gehört aber Maria Callas, die ihn dringend wieder zurückhaben möchte. Der Finder meldet sich bitte bei Herrn Eichinger, der ja, wie gesagt, über die unglaublichsten Verbindungen verfügt und in Wirklichkeit – space cadett, der er ist – alle Rollen inklusive der Callas selbst gespielt hat. Philipp Bühler

„Der große Bagarozy“. Regie: Bernd Eichinger. Mit Til Schweiger, Corinna Harfouch, Thomas Heinze u. a. D 1999, 105 Min.

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