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TierversucheMäusetod für glatte Haut

Obwohl es Alternativen gibt, wird das Anti-Falten-Mittel Botulinumtoxin weiter an Mäusen getestet. Die Bundesregierung plant keine Änderungen.

Das Nervengift Botulinumtoxin wird den Versuchstieren mit einer Spritze injiziert. Bild: Deutscher Tierschutzbund

BERLIN taz | Für das Anti-Falten-Mittel Botulinumtoxin sterben in Deutschland jährlich 22.000 Mäuse bei Tierversuchen. Dabei dürfen Kosmetikprodukte und ihre Inhaltsstoffe in der EU seit 2009 eigentlich nicht mehr an Tieren getestet werden. Doch weil der Botox-Wirkstoff Botulinumtoxin auch für medizinische Zwecke eingesetzt wird, fällt er in eine rechtliche Grauzone.

Zu beachten ist, dass der Name "Botox" ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Allergan ist. Sie nannten so ihr Botulinumtoxin-Präperat, das für kosmetische Zwecke verwendet wird. Es ist also weder ein übergreifender Begriff noch eine Abkürzung für andere Botulinumtoxin-Produkte.

Bei den Tests wird den Mäusen das Nervengift in die Bauchhöhle gespritzt. Den einzelnen Versuchsgruppen wird dabei unterschiedlich stark verdünntes Botulinumtoxin verabreicht, um die Verdünnungsmenge zu ermitteln, bei der die Hälfte der Tiere stirbt. Nach Angaben der Organisation „Ärzte gegen Tierversuche“ geht der Todeskampf, der drei bis vier Tage dauern kann, mit Krämpfen, Lähmungen und Atemnot einher.

Obwohl alternative Testmethoden bereits zugelassen sind, plant die Bundesregierung keine Änderungen der Testverfahren für Botulinumtoxin. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. Das Mittel falle nicht unter die Kosmetik-Verordnung, weil es auch medizinisch genutzt und zudem nicht äußerlich aufgetragen, sondern mit einer Spritze injiziert werde.

Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, ist mit dieser Erklärung nicht zufrieden: „Hier besteht eine Rechtslücke, die die Bundesregierung schließen muss“, sagt sie. „Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland müssen sich darauf verlassen können, dass für ihre Schönheit keine Tiere leiden müssen.“

Tests an Zellkulturen sind zuverlässig

Die Regierung stimmt dem zwar grundsätzlich zu: „Aus Gründen des Tierschutzes ist ein Test zu bevorzugen, der einen Tierversuch vollständig ersetzt“, schreibt das Landwirtschaftsministerium in seiner Antwort. In den letzten Jahren sind, auch mit der Unterstützung der Regierung, einige zugelassene Alternativmethoden entwickelt worden. So lassen sich die Eigenschaften des Botulinumtoxin-Giftes auch durch Tests an Zellkulturen zuverlässig beurteilen.

Das Problem ist nach Auskunft des Ministeriums jedoch, dass sich alle Botulinumtoxinpräparate voneinander so stark unterscheiden, dass die einzelnen Verfahren „nicht von einem Hersteller auf den anderen übertragen werden“ können. Jede Alternativmethode muss also einzeln zugelassen werden.

Dass es auch ohne Tierversuche geht, zeigt zum Beispiel der Botox-Hersteller Allergan, der das Mittel seit 2011 an menschlichen Zellkulturen testet. Die Erforschung der Alternativmethode habe zehn Jahre gedauert und ging mit einem Investitionsaufwand von 65 Millionen US-Dollar einher, sagte ein Sprecher der PR-Agentur für Gesundheitskommunikation Haas Health. Andere setzen lieber weiter auf die bewährten Tierversuche. Es handelt sich also um eine Frage der Motivation.

„Hier muss der Druck durch die Bundesregierung und die Öffentlichkeit erhöht werden“, fordert die Grünen-Abgeordnete Maisch. Nur dann würden sich auch andere Hersteller „endlich bewegen“. Namentlich kritisieren die Grünen den deutschen Pharmahersteller Merz.

Gelder zur Erforschung alternativer Methoden müssen aufgestockt werden

Der erklärte auf taz-Anfrage, dass das Unternehmen mittlerweile ebenfalls einen Alternativtest bei den US-Behörden zur Anerkennung eingereicht hat. Der Antrag auf Zulassung in Europa solle bis Ende des Jahres folgen.

„Wir sind einen wichtigen Schritt vorangekommen“, sagt Pressesprecherin Ute Weinhold. Aufgrund der Komplexität des Tests und der strengen Sicherheitsauflagen hätte die Vorbereitung des Verfahrens einige Jahre in Anspruch genommen.

Die Anerkennung alternativer Testmethoden dauert ebenfalls mehrere Jahre. Hier sieht die Bundesregierung durchaus Handlungsbedarf. Die Arbeiten würden noch unzureichend unterstützt. Man sei aber „in diversen europäischen Expertengremien aktiv, die sich mit verschiedenen Aspekten der Harmonisierung und Zulassung“ von Alternativmethoden beschäftigten, schreibt das Landwirtschaftsministerium. Maisch fordert darüber hinaus, die Gelder zur Erforschung tierversuchsfreier Zulassungsmethoden deutlich aufzustocken.

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11 Kommentare

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  • Der Artikel ist zwar schon alt aber einen Nachtrag zur LD50-Diskussion möchte ich anbringen:

     

    Die OECD-Guideline 401, die die Versuchsvorschrift für die LD50-Untersuchung enthält, wurde im Jahr 2002 gelöscht.

     

    Das bedeutet, seit 2002 dürfen keine LD50-Versuche im OECD-Gebiet (das enthält z.B. die europ. Staaten) durchgeführt werden.

  • JN
    Joanna Nogly

    Botox ist ein Naturprodukt. Jede Charge unterscheidet sich in seiner Giftigkeit von der vorigen. Deshalb ist es vom Gesetz vorgeschrieben, dass für jede Charge erneut LD50 Tests gemacht werden müssen. Nur so kann jede Charge des Produkts soweit verdünnt werden, dass sie keine Gefahr für den Konsumenten ist. Ein LD-50 Wert in Wikipedia hilft ihnen da ziemlich wenig.

    Worum es geht, ist dass es Alternativen für den LD50 Test an Mäusen gibt. Aber die müssen erst von den Unternehmen etabliert (kostet Geld und Zeit) und von der Politik genehmigt werden (kostet Lobbystimmen/Geld).

     

    Vielen Dank, damit ist alles gesagt.

    Der Artikel war, als Sie, lieber Peer Spektaku, Ihre Antwort getippt haben, noch nicht von der Online-Redaktion freigeschaltet. Den Teaser hatte ich natürlich ebenfalls geändert.

     

    Nun ist hoffentlich alles bereinigt.

     

    Beste Grüße

     

    Joanna Nogly

  • Warum paßt man bei der taz nicht etwas besser auf bei Bildern und ihren Unterschriften? Die Maus auf dem Bild erhält beileibe keine Injektion in die Bauchhöhle ("intraperitoneal"), sondern in den Hinterlauf ("intramuskulär").

    Ansonsten gebe ich auch Peer Spektau recht.

    Für bestimmte Fragestellungen in der medizinischen und biologischen Forschung werden Tiervesuche auch in Zukunft unverzichtbar bleiben, aber wegen dieses Botox-Krames sollten nun wirklich keine Tiere mehr leiden müssen.

  • JN
    Joanna Nogly

    Lieber Leser,

     

    danke für Ihre Rückmeldung. Selbstverständlich testen die Unternehmen nicht aus „Spaß an der Freude“ an Tieren. Jede Charge eines Präperates (also beispielsweise auch jede neu produzierte Charge des Allergan-Präperates Botox) muss erneut einem Test unterzogen werden. So sind die Bestimmungen. Es ist nicht richtig, dass, wie Sie schreiben, die „LD-50 Werte für Botulinumtoxin längst bestimmt sind“.

     

    Mit einem haben Sie aber natürlich völlig Recht. Botox selbst wird nicht weiter an Mäusen getestet, da Allergan, wie in dem Artikel geschrieben, einen Alternativtest entwickelt hat. Die Begriffsverwirrung ist also einer Nachlässigkeit meinerseits geschuldet und habe das für die zukünftigen Leser entsprechend abgeändert. Vielen Dank für den Hinweis!

     

    Mit besten Grüßen

     

    Joanna Nogly

    • @Joanna Nogly:

      Anders gesagt:

       

      Die Pharmafirmen machen weiter LD50-Tests, weil diese vorgeschrieben sind?! Es sind also nicht die bösen Hersteller, sondern der Gesetzgeber, der diese Tests verlangt.

       

      Und selbstverständlich sind die LD-50 Werte für Botulinumtoxin längst bestimmt, Sie können sie sogar bei Wikipedia nachlesen. Der Stoff ist seit Jahrhunderten bekannt.

       

      Und was die Begriffsverwirrung angeht: In der Bildunterschrift steht es immer noch falsch. Liest man nur den Anfang des Artikels, muss weiterhin der Eindruck entstehen, dass es hier um das Produkt von Allergan geht.

      • @Peer Spektaku:

        Botox ist ein Naturprodukt. Jede Charge unterscheidet sich in seiner Giftigkeit von der vorigen. Deshalb ist es vom Gesetz vorgeschrieben, dass für jede Charge erneut LD50 Tests gemacht werden müssen. Nur so kann jede Charge des Produkts soweit verdünnt werden, dass sie keine Gefahr für den Konsumenten ist. Ein LD-50 Wert in Wikipedia hilft ihnen da ziemlich wenig.

        Worum es geht, ist dass es Alternativen für den LD50 Test an Mäusen gibt. Aber die müssen erst von den Unternehmen etabliert (kostet Geld und Zeit) und von der Politik genehmigt werden (kostet Lobbystimmen/Geld).

  • Ausserdem widerspricht sich die Autorin selbst:

     

    Erst schreibt sie, dass "Botox" weiter an Tieren getestet wird. Dann schreibt sie, dass "Botox" nur der Markenname der Botulinumtoxin-Präparate der Firme Allergan sei und dass es hier nicht um eine übergreifende Bezeichnung für andere Botulinumtoxin-Produkte gehe. Und dann schreibt Sie plötzlich, dass die Firma Allergan Zeit und Geld darein investiert habe, ihr Produkt "Botox" nicht mehr an Tieren, sondern an Zellkulturen zu erproben, während andere Hersteller weiterhin auf Tierversuche setzen.

     

    Also in welchem Punkt darf ich der Autorin jetzt glauben? Wir Allergans Produkt "Botox" jetzt an Tieren getestet, oder nicht?

  • Da hätte man sich als Leser doch etwas mehr zielgerichtete Recherche und Information gewünscht:

     

    Die LD50-Werte von Botulinumtoxin sind doch längst bestimmt. Warum also werden diese Versuche durchgeführt? Soll uns hier glauben gemacht werden, dass die Unternehmen hier nur aus Spaß an der Freude diese Versuche machen?

     

    Und nein, man kann die LD50-Tests selbstverständlich schon definitionsgemäß nicht an Zellkulturen durchführen!

     

    Ich hätte jetzt aber erwartet, dass mich die taz in diesem Artikel darüber informiert, warum überhaupt noch LD50 für Botulinumtoxin durchgeführt werden. Statt dessen kriegt der Leser pauschale Meinungsmache gegen Tierversuche geliefert, ohne zielführende Information.

  • Für die armen Mäuse nimmt man in der TAZ Partei und weist auf die Möglichkeit alternativer Testmethoden hin.

    Das grausame Hinschlachten unzähliger Fledermäuse durch die Rotoren der Windkrafträder regt dagegen niemanden auf. Obwohl es doch alternative Energiegewinnungsmethoden gibt.