Tierschützer über Artenschutz-Tagung: „Eine historische Konferenz“
Für Haie und Elefanten war die Artenschutzkonferenz in Bangkok ein Erfolg, sagt Ralf Sonntag vom Internationalen Tierschutzfonds. Aber für die Eisbären?
taz: Sie waren auf der großen Artenschutzkonferenz Cites in Bangkok. Haben sie dort mehr als leeres Gerede gehört?
Ralf Sonntag: Ja, das war diesmal eine historische Konferenz. Es ist schon sehr lange her, dass so viele Tiere tatsächlich unter Schutz gestellt wurden. Beim letzten Mal in Doha sind sehr viele Anträge untergegangen; das ist diesmal zum Glück nicht passiert.
Welche Beschlüsse sind denn besonders wichtig?
Im Bereich der Fischerei etwa wurde der Handel mit fünf Haiarten und dem Mantarochen strengeren Auflagen unterworfen. Ihre Aufnahme in Anhang II bedeutet, dass nur noch solche Tiere gefangen werden dürfen, die tatsächlich nachhaltig gefischt werden können. Das ist wichtig, weil der Bedarf an Hai für Haifischflossensuppe hoch ist, vor allem in China. Inzwischen sind die Tiere der fünf Arten in manchen Gebieten an den Rand der Ausrottung gekommen. Um zu verhindern, dass sie ganz aussterben, muss dieser Handel und auch die Fischerei reguliert werden.
In den letzten Jahren hatten es die Haie nicht in den Anhang II geschafft. Warum hat es dieses Jahr geklappt?
Beim letzten Mal war der Druck Japans und Chinas auf die Delegierten zu groß. Dieses Jahr wurde schon vor der Konferenz sehr viel mehr Informationsarbeit geleistet, auch in vielen Entwicklungsländern. Die Leute wussten besser Bescheid und haben sich durch den Druck nicht mehr so stark beeinflussen lassen. Hinzu kommt, dass es ein wachsendes Selbstbewusstsein gibt und dass die Leute selbst über ihre Naturressourcen mitbestimmen wollen.
Was hat sie enttäuscht?
Dass das dringend notwendige absolute Verbot des Handels mit Eisbären nicht durchging. Hier hat auch die Europäische Union eine sehr unglückliche, wenn nicht sogar entscheidende Rolle gespielt. Europa hat mal wieder nicht mit einer Stimme gesprochen. Das finden wir sehr bedauerlich, und wir haben das auch zum Ausdruck gebracht.
Das Washingtoner Artenschutzabkommen regelt seit 40 Jahren den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten in 170 Vertragsstaaten. In den vergangenen zwei Wochen trafen sich 2.000 Delegierte in Bangkok, um zum 16. Mal über die Aufnahme von Arten in zwei Anhänge abzustimmen.
Fünf Hai- und zwei Rochenarten wurden in Anhang II aufgenommen. Sie dürfen nur noch aus gesunden Beständen gefischt werden. Der Handel mit 20 Schildkrötenarten wird gestoppt, der mit einigen Eben- und Rosenholzsorten schärfer kontrolliert. Der Handel mit Nashörnern und der mit Elefanten sind künftig Straftaten, Eisbärfelle dürfen weiter verkauft werden.
Wie werden die Beschlüsse nun umgesetzt?
Die Staaten müssen überprüfen, welche Arten sie einführen. Sind geschützte Haie dabei? Zweitens: Die Fischereinationen müssen schauen, wo sie die geschützten Haie überhaupt noch fangen dürfen. Im gesamten Atlantik und auch in großen Teilen des Pazifiks sind die Bestände gefährdet.
hat als Leiter des Deutschlandbüros des Internationalen Tierschutzfonds (IFAW) die Verhandlungen zum Artenschutz in Bangkok beobachtet.
Können die Beschlüsse auch den illegalen Handel stoppen?
Natürlich wird auch weiterhin illegal gehandelt werden. Aber jetzt gibt es die Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen. Es liegt jetzt an den Behörden in den Ländern, die Beschlüsse durchzusetzen.
Umweltverbände haben das Gastland Thailand in den vergangenen zwei Wochen wegen des florierenden illegalen Handels mit Elfenbein kritisiert. Hat die Regierung darauf reagiert?
Die Premierministerin hat erklärt, dass stärker durchgegriffen werden soll, insbesondere was importiertes Elfenbein betrifft. Es ist aber unklar, wie Thailand mit dem einheimischen Elfenbein umgehen will, denn das wird ebenfalls rege gehandelt. Auch hier wäre ein Verbot dringend notwendig, doch dagegen gibt es Widerstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?