Tiernahrung in den USA: Öko-Futter für Köter
Manchmal muss es eben Bio sein. Der Preis ist da nicht so wichtig. US-Amerikaner füttern selbst ihre Haustiere zunehmend mit gesunden Produkten.
BETHLEHEM ap | Die Gründer der Firma Freshpet hatten die richtige Idee zur richtigen Zeit: Das US-Unternehmen bietet frisches Tierfutter ohne Konservierungsstoffe an. Ein Rückruf von Tiernahrung Anfang 2007, als Hunde und Katzen an verdorbenen Zutaten aus China sogar verendet sein sollen, rüttelte die US-Kunden auf und ließ sie über das Futter für ihre Lieblinge nachdenken. Der Umsatz von Freshpet ist inzwischen auf mehr als 100 Millionen Dollar (rund 73 Millionen Euro) pro Jahr gestiegen.
„Die Menschen versuchen, gesündere, weniger stark verarbeitete und einfachere Lebensmittel zu essen und ich glaube, diese Logik wenden sie auch an, wenn sie über ein Tierfutter entscheiden“, erklärt der Präsident und Mitbegründer von Freshpet, Scott Morris. Sein Unternehmen verzichtet auf Konservierungsstoffe, daher muss das Futter stets gekühlt gelagert werden.
Freshpet baute jüngst im Staat Pennsylvania für 25 Millionen Dollar (18 Millionen Euro) eine Futterfabrik. Dort werden tausende Kilogramm frisches Fleisch pasteurisiert, mit Gemüse vermischt und sofort gekühlt. Dann gehen die Pakete an mehr als 10.000 Geschäfte in Amerika.
Freshpet wurde von früheren Managern von Nestlé Purina gegründet, einem der größten Hersteller von Heimtiernahrung der Welt. Wie Freshpet wollen auch Purina und der Wettbewerber Del Monte Foods von der gestiegenen Zahlungsbereitschaft der Haustierbesitzer profitieren. Nestlé meldet wachsende Umsätze seiner Premium-Marke Beyond, deren Produkte „aus natürlichen Zutaten“ hergestellt werden. Del Monte übernahm im Juli den Tierfutterhersteller Natural Balance.
Ungeachtet der wirtschaftlichen Lage hat Premium-Nahrung in den vergangenen Jahren immer größere Anteile des Marktes erobert. Die Umsätze mit den teuren Marken stiegen von 2002 bis 2012 um 68 Prozent, wie das Marktforschungsunternehmen Euromonitor International ermittelte. Die mittlere Preisklasse legte dagegen um 19 Prozent zu, die billigen Marken sogar nur um acht Prozent.
Vermenschlichte Haustiere
Die Hersteller setzen bei der Vermarktung auf Trends und Emotionen: das Interesse der Amerikaner an gesünderer Ernährung, die wachsende Popularität von Bionahrung und die Tendenz, Haustiere zu vermenschlichen. „Die Menschen denken an ihre Tiere nicht als Tiere, sondern als Familienmitglieder“, sagt Molly Maier von der Marktforschungsfirma Mintel Group. „Sie wollen die Mitglieder ihrer Familie mit dem gleichen Respekt behandeln wie sich selbst.“
Trotz allem ist Freshpet aber immer noch ein kleines Licht auf dem 17 Milliarden Dollar (zwölf Milliarden Euro) schweren US-Markt für Heimtierfutter. Das Unternehmen unterscheidet sich laut Morris fundamental von den Wettbewerbern, mit seiner neuen Freshpet Kitchens-Fabrik in Pennsylvania, die Zutaten und Zubereitungsverfahren ähnlich denen für die menschliche Nahrungsproduktion einsetzt.
Dabei ist noch nicht geklärt, ob die Haustiere dank Bionahrung ein längeres oder gesünderes Leben führen. Theoretisch sei nur schwer anzuzweifeln, dass schonend verarbeitetes Futter ohne Konservierungsstoffe besser für Hunde und Katzen sei, erklärt die Expertin für Tiernahrung an der Universität von Pennsylvania, Amy Farcas. Forschungsergebnisse, die das bestätigten, lägen jedoch noch nicht vor.
Farcas rät ihren Kunden, dass ihre Tiere keine veränderte Ernährung benötigen, solange sie ein angemessenes Gewicht haben und gesund sind. „Was die Nährstoffe angeht, sind die meisten Hundefutter geeignet für die meisten gesunden, erwachsenen Hunde“, erklärt sie. „Aber es gibt Unterschiede bei den Zutaten, der Qualitätskontrolle und anderen Faktoren.“
„Irgendwie wie vom Bauernhof“
Freshpet hat eine Langzeitstudie aufgenommen, um zu untersuchen, ob es Hunden mit dem Futter des Unternehmens besser geht als mit konventionellem Futter. Bis dahin, so erklären die Manager, zeige ihnen der gesunde Menschenverstand und die Rückmeldungen der Kunden, dass sie auf dem richtigen Weg sind.
Für die 43 Jahre alte Amy Eagle hat ihr Hund die Überzeugungsarbeit bereits geleistet. Für ihren Labrador Potroast sucht sie im Supermarkt Futter aus dem Freshpet-Kühlschrank aus, denn nichts anderes will Potroast fressen. „Ich habe das Gefühl, das ist irgendwie wie vom Bauernhof“, sagt sie. „Ich glaube nicht, dass ich ihr jemals frisches Hühnchen oder Rindfleisch zubereiten würde, aber es fühlt sich so an, als würde ich das fast tun.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren