: Tierische Multikulti-WG auf der Gracht
Herzige Geschichte von einer sich langsam zusammenraufenden Hausboot-Gemeinschaft, die sich gegen eine bissige Hundemeute durchsetzt: Sabine Ludwigs Kinderbuch „Ein Haufen Ärger“ zeichnet menschlichen Wohnalltag nach
Sie wohnen auf einem Amsterdamer Hausboot, und es kommt einem alles so verteufelt bekannt vor: Der einohrige Kater van Gogh, Wasserratte Rudolf, Blässhuhn-Frau Bertlinde, Schlange Evangelina, Papagei Frans und Katersbraut Chou-Chou finden sich in Sabine Ludwigs Kinderbuch Ein Haufen Ärger in einer typischen 70er-Jahre-WG ein.
Und fast wird man ein bisschen ungehalten, dass jeder der Bewohner in ein klares Stereotypenraster passt: Chou-Chou ist selbstbewusst-berufstätige Frau, das Blässhuhn werdende Mutter, und die Schlange leidet darunter, dass sich alle vor ihr fürchten. Der Kater wiederum verbreitet leicht hochgestapelte Geschichten seines heldenhaften Kampfes gegen eine Hundemeute. Und der Papagei merkt gar nicht, dass er keineswegs mit einem neuen Liebhaber poussiert, sondern mit einem schlichten Spiegel.
Klar auch, dass der Kater zunächst vergebens um die Gunst der erlesenen Chou-Chou buhlt, die sich dann aber immerhin schnell eines Besseren besinnt und mit aufs Boot zieht. Prompt gibt sie dort die patente Frau, deren ausgeprägte soziale Fähigkeiten jeden Konflikt im Keim ersticken. Ein Grund dafür, dass sich die „Multikulti-WG“, nachdem man sich einmal zusammengerauft hat, erfolgreich gegen eine Hundemeute durchsetzt, die sogar das Boot besetzen wollte. Und am Schluss finden sich alle in Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung wieder, inklusive der fast schon aufdringlich sozial anmutenden Erkenntnis, dass künftig alle zu ihren Schwächen stehen wollen.
Fazit: Eine ganz herzige Geschichte, die über die teils krampfig zusammengetragenen Klischees nicht hinwegkommt, aber sehr gelungene Illustrationen von Sabine Wilharm bietet.
PETRA SCHELLEN
Sabine Ludwig, Ein Haufen Ärger, Hamburg: Dressler-Verlag 2002, 96 S., 12 Euro
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