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Thüringer MinisterpräsidentenwahlZählkandidat gegen Ramelow

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Die AfD stellt den parteilosen Bürgermeister Christoph Kindervater gegen Bodo Ramelow auf. Sonderlich ernst nimmt der Gegenkandidat die Aktion nicht.

AfD-Kandidat Christoph Kindervater, ein Eiferer gegen das „Merkel-Regime“ Foto: Michael Reichel/dpa

D ie Show ist bei der Wahl eines Ministerpräsidenten im Thüringer Landtag am Mittwoch garantiert, womöglich sogar ein Krimi. Der 2014 gewählte und nach Verlust der rot-rot-grünen Mehrheit seit Oktober 2019 geschäftsführend amtierende Linke Bodo Ramelow ist bester Laune, seit die AfD einen Gegenkandidaten präsentiert. So könne der schwammige Wortlaut der Landesverfassung eindeutig interpretiert werden, wonach im dritten Wahlgang „die meisten Stimmen“ genügen.

Der Thüringer Wahlkrimi rührt zum einen daher, dass der am Dienstag besiegelten Minderheitskoalition von Linken, SPD und Grünen vier Stimmen an einer eigenen Mehrheit fehlen. Zum anderen sorgt eine beispiellose Eierei der „destruktiven Mehrheit“ von AfD, CDU und FDP für Konfusion.

Der lädierte CDU-Spitzenmann Mike Mohring verzichtete klugerweise Ende November auf eine Kandidatur gegen Ramelow. Mittlerweile ist die Union auf weniger als 20 Prozent abgerutscht. Dennoch gehen Gerüchte, die kämpferische CDU-Landrätin Martina Schweinsburg könne als Joker aus dem Hut gezaubert werden. Die AfD war zu feige, etwa mit Björn Höcke einen eigenen Kandidaten auf die Wahlbühne zu schicken.

Stattdessen wurde ein Quereinsteiger gesucht, der entweder einfältig oder unbedeutend genug war, sich als Zählkandidat zu verschleißen. Im Dörfchen Sundhausen fand sich dann mit Bürgermeister Christoph Kindervater ein Eiferer gegen das „Merkel-Regime“, dessen Horizont beschränkt genug ist. Er nimmt das angestrebte Ministerpräsidentenamt so ernst, dass er heute gar nicht erst im Landtag erscheint.

Sollte Kindervater spätestens im dritten Wahlgang nicht zurückziehen, will auch noch der FDP-Vorsitzende Thomas Kemmerich in den Ring steigen. Oder zumindest Bodo Ramelow irgendwie in Verlegenheit bringen. Die große Zaubershow der Thüringer Mehrheitsopposition könnte aber auch ganz schnell zu Ende sein, wenn Überläufer aus der zerrissenen CDU dem populären Bodo Ramelow schon im ersten oder zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit verschaffen.

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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1 Kommentar

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  • Oh Mann, was für ein unwürdiges Geschachere von der FDP wo sich Wendegewinner Kemmerich mal wieder selbst ins Abseits stellt. Die CDU ist bis auf die Vernunftsbegabten auch nur bedingt besser. Naja und die AfD ist erst recht die Partei mit Fremdschämfaktor.



    Die Grünen haben aber sich nicht gerade Ruhm bekleckert mit der Nominierung von Annemarie Lütkes als Justizministerin. Vielleicht kann Sie ja mit ihrer Erfahrung und Expertise auch ein paar Hürden meistern die Andere nicht so hhinbekommen.