: Thüringer FDP stellt Bedingungen
■ Der designierte Ministerpräsident Vogel verhandelte mit der FDP-Spitze/ SPD benennt Gegenkandidaten
Erfurt (dpa/afp/taz) — Der von der CDU designierte neue Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel bemühte sich gestern in Erfurt um die Zustimmung des Koalitionspartners FDP. Nach ersten Koalitionsgesprächen am Dienstag hatte der Landesvorstand der Liberalen „große Bedenken“ gegen den Rheinland-Pfälzer Vogel signalisiert. Vogel traf gestern mittag mit dem FDP-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Andreas Kniepert zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Am Nachmittag nahm Vogel an einer Sondersitzung der FDP-Fraktion teil. Bis Redaktionsschluß lagen keine Ergebnisse der Verhandlungen vor.
Vor dem Gespräch mit Kniepert sagte Vogel: „Die Sorgen und Nöte der Thüringer kann man auch verstehen, wenn man nicht in Thüringen geboren ist.“ Er reagierte damit auf eine Erklärung des FDP-Landesvorstandes, in der bezweifelt worden war, ob Vogel „die richtige und geeignete Person“ sei, die sich in die Probleme der Thüringer hineindenken könne. Der aus Ostdeutschland stammende FDP-Generalsekretär Uwe Lühr sagte, er halte es für falsch, daß zunehmend westdeutsche Politiker im Osten in verantwortliche Stellungen gelangen. Vogel sei aber zweifellos ein kompetenter und integrer Politiker.
Die schwankende Haltung der Freien Demokraten hatte am Mittwoch zu Irritationen in der Thüringer CDU geführt. „Was sich derzeit in Thüringen vollzieht, ist der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln“, kritisierte der CDU-Landesvorsitzende Willibald Böck. Wunschpartner bleibe die FDP, aber es gebe auch noch andere demokratische Parteien in Thüringen, sagte Böck.
Der FDP-Landesvorstand knüpft eine Zustimmung zu Vogel insbesondere an die Verbesserung der Koalitionsarbeit. So solle nach Angaben von FPD-Sprecherin Heike Schmidt ein Koalitionsausschuß gebildet werden, der die bestehenden Koalitionsvereinbarungen ergänzen soll. Auch müsse sich die FDP zukünftig auf Absprachen der CDU besser verlassen können. Der Landesvorstand fordere eine „konstruktive Regierungsarbeit“ ein, da die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner bisher „nicht die allergünstigste“ gewesen sei. Es müsse „mehr konzeptionelle Arbeit“ geleistet werden, um nicht von den Problemen überrascht zu werden, wie dies bei der Regierung Duchac „immer mal der Fall“ gewesen sei. Zudem müßten die zurückgetretenen CDU-Minister Christine Lieberknecht (Kultus) und Klaus Zeh (Finanzen) als Reformkräfte in der Regierung bleiben. Schmidt erneuerte die Kritik der Liberalen, bei der Auswahl des Duchac-Nachfolgers nicht genügend eingebunden worden zu sein.
Unterdessen hat die oppositionelle SPD-Landtagsfraktion ihren Fraktionschef Gerd Schuchardt als Gegenkandidaten zu Vogel benannt.
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