Thriller „Haywire“ auf ZDFneo: Eine Frage der Einstellung
Steven Soderberghs inszenierte den Agentenkrimi „Haywire“ entgegen einer gängigen Hollywoodnorm. Am Samstag läuft er auf ZDFneo.
Ihr erstes Wort lautet „Shit“. Mallory Kane (Gina Carano) sitzt in einem Imbiss, und ihr schwant nichts Gutes. Schon stehen die Kalamitäten mannshoch im Raum, in Gestalt ihres Kollegen Aaron (Channing Tatum). Das Gespräch beginnt gesittet, rutscht aber rasch ins Ruppige: Aaron schlägt Mallory ins Gesicht. Böser Fehler, mit schmerzhaften Folgen.
Mallory erwartet weitere Attacken, kapert das Auto eines unbeteiligten Gastes namens Scott (Michael Angarano) und den Besitzer gleich mit, damit er sie bei voller Fahrt verarzte und ihr einen Schluck Wasser reiche.
Während sie durch New Yorks verschneite Wälder rasen, erzählt Mallory die Vorgeschichte. Nicht zum Zeitvertreib. Sie braucht einen Zeugen. Sie war Söldnerin eines dubiosen Unternehmens, das inoffizielle paramilitärische Operationen im Ausland durchführt. Zum Beispiel in Barcelona einen chinesischen Dissidenten aus der Hand seiner Entführer befreit. Nach jenem Einsatz wollte Mallory aufhören, ließ sich jedoch noch einmal überreden. Zu einem Routinejob, so schien es. Nun hat sie den Salat.
Mit „Haywire – Ein mörderischer Auftrag“ gönnte sich der Regisseur Steven Soderbergh eine muntere Genrespielerei. Der britische Drehbuchautor Lem Dobbs griff ein bekanntes Muster auf, den Plot des von der eigenen Seite verratenen Agenten mit unklarer Moral, und kreuzte es mit dem Martial-Arts-Kino.
Erfahrung in der Kampfkunst
Gina Carano brachte als erfahrene Mixed-Martial-Arts-Sportlerin die nötigen Voraussetzungen mit für Soderberghs Vorhaben, die Zwei- und Mehrkämpfe nach Art der besseren Martial-Arts-Filme als artistische Kampfkunstballette in längeren Einstellungen zu zeigen. Meist tricksen Hollywoods Regisseure, indem sie Actionszenen in viele kurze Momente zerlegen, die zusammengefügt rasante Abläufe simulieren. Darüber kam es gar zum Zwist mit dem ursprünglichen Vermarkter Lionsgate.
Soderbergh blieb seiner Vision treu und wechselte zu Relativity Media, besorgte selbst den Schnitt und führte die Kamera, mit oft ungewöhnlichen Perspektiven und bevorzugt mit gegebenem Licht, mit schummrigen Stehlampen, mit dem Widerschein eines Kaminfeuers.
Zelebritäten wie Michael Douglas, Ewan McGregor, Antonio Banderas, Bill Paxton sind mit Gina Carano in ihrer ersten Hauptrolle zu sehen. Mittlerweile hat sie eine feste Rolle als Cara Dune in der Disneyplus-Serie „The Mandalorian“. Die stilbewusste Musik mit dem soghaften Groove lieferte Soderberghs Hauskomponist David Holmes.
Leser*innenkommentare
02881 (Profil gelöscht)
Gast
Toller Film! Die Kampfszenen sind in ihrer ungekünstelten Körperlichkeit ein Genuß! Schade das dies die einzige Zusammenarbeit von Gina Carano und Soderbergh ist... hätte 'ne coole Serie ergeben. Schön auch noch mal Bill Paxton zu sehen.