Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt:
Wer sich statt für Ortskennungen mehr für den Satan interessiert und die Teufelsmusik, der muss halt diese ersten Zeilen überspringen, um später im Text sein Pläsierchen zu finden.
Zuerst aber soll es nach Tirol gehen an den Inn, in eine Stadt, die schon zu Renaissancezeiten wehmütig besungen wurde mit dem schönen Lied, für das Heinrich Isaac im 15. Jahrhundert die Musik geschrieben hat, „Innsbruck, ich muss dich lassen“ (im Netz findet man schnell ein paar Versionen), und es stimmt ja gar nicht, dass dort seither musikalisch nichts mehr passiert sei, bitte sehr, in der Stadt mit dem Goldenen Dachl wurde etwa der interdisziplinär arbeitende Hans Platzgumer geboren (der musikalisch mal ein paar Jahre in Berlin wütete), und jetzt bieten sich Molly als die derzeitige Innsbrucker Band des Vertrauens an. Shoegaze-Dreampopper, bei denen man ein schönes Spiel mit den Klangwattebäuschchen hört. Sag My Bloody Valentine oder Galaxie 500 oder auch Sigur Rós dazu. Aber ohne Pathosgehabe. Eher ist das in dem sachten und runden und angenehm schlaffen Treiben so warm und anschmiegsam tröstlich wie die Schmusedecke von Linus aus dem Peanuts-Kosmos. Und wer könnte nicht mal Trost vertragen? Molly spielen am Montag im Neuköllner Loophole (Boddinstr. 60, 21 Uhr, 8 €).
Aber jetzt doch: der Satan. Und dem wird hier gar nicht erst über Umwege wie Rückwärtsbotschaften gehuldigt (dass man also zum Beispiel mit „Stairway to Heaven“ rückwärts gehört geradewegs in der Hölle der satanischen Botschaften landen soll). Nö: Twin Temple mahen das nicht so umständlich, sie bekennen sich ohne Umschweife zum Okkulten. „Warum sollte man nicht gleichzeitig Roy Orbison mögen und den Teufel anbeten können?“, fragt Sängerin Alexandra James von Twin Temple aus Los Angeles, die sich selbst als satanische Doo-Wop-Band bezeichnen. An der Musik gibt es so nichts zu meckern. Die kommt auch für die bei satanischen Fragen eher Religionsskeptischen derart retroselig fesch daher wie eine Single von den Shangri-Las (remember „The Leader of the Pack“). Twin Temple spielen gleichfalls am Montag (teuflisch, oder?) im Bi Nuu (U-Bhf. Schlesisches Tor, 20 Uhr, 23 €).
Anderes Los-Angeles-Programm: Von dort kommt auch Mikal Cronin (der sonst mit Ty Segall unterwegs ist), der mit seinen Liedern einen garagenrockvertrauten Pop macht, der auch Grunge und die Beatles-Platten kennt. Das ist aber kein Retro, das meint schlicht das Vorwärts, und nicht vergessen. Am Mittwoch mit Band in der Kantine am Berghain (Am Wriezener Bhf., 20.30 Uhr, 17 €).
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