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Theorie vom frühen Mord

Matthias Hintze, in Brandenburg spektakulär vor drei Wochen entführt, wurde von zwei Russen umgebracht  ■ Aus Potsdam Felix Berth

Matthias Hintze, vor mehr als drei Wochen in seinem Heimatort Geltow in Brandenburg entführt, ist tot. Die Polizei fand den 20jährigen am Mittwoch in einem entlegenen Waldstück, 300 Kilometer entfernt von Geltow in der Nähe des mecklenburgischen Ortes Waren. Die Todesursache ist noch unbekannt; möglicherweise ist Hintze verhungert.

Die Polizei hatte die beiden russischen Entführer, den 37jährigen Sergej S. und den 27jährigen Wjatscheslaw O., bereits am Montag bei einer Routinekontrolle in Berlin gefaßt. Zwei Tage danach machte Sergej S. genaue Angaben über den Platz, an dem Matthias Hintze versteckt war.

„Ohne diese Angaben hätten wir den Ort nicht gefunden“, sagte Staatsanwalt Hans-Dieter Baumler gestern auf einer Pressekonferenz. Es sei eine professionell ausgehobene Grube gewesen – und kein ehemaliger russischer Bunker, wie ihn die Polizei in den letzten Wochen verzweifelt gesucht habe, nachdem die Entführer ein Foto von Matthias Hintze geschickt hatten.

Ob die beiden Täter weitere Komplizen hatten, weiß die Polizei nicht; Gerüchte, daß Hintzes Familie von russischen Mafiosi erpreßt worden sei, sind dem Staatsanwalt bekannt, doch Indizien dafür gebe es keine, so Baumler. Als Motiv der Täter vermuten Polizei und Staatsanwaltschaft Geldgier; mehrmals hatten die beiden Russen bei den Eltern von Hintze eine Million Mark Lösegeld gefordert. Drei Versuche, das Geld zu übergeben, scheiterten allerdings.

Nach Angaben der Entführer habe sich die Polizei dabei nicht an die Forderungen gehalten: Mal sei das Risiko zu groß gewesen, mal habe sich in dem verabredeten Container kein Geld gefunden, so die beiden Russen in einem Brief. Polizei und Staatsanwaltschaft erklärten dazu gestern, sie hätten bereits vier Tage nach der Entführung starke Zweifel gehabt, ob Matthias Hintze überhaupt noch am Leben sei: Man habe zwar in den ersten Kontakten noch Lebenszeichen des Entführten bekommen, aber nicht feststellen können, wann das Foto beziehungsweise ein Brief von Hintze entstanden seien.

Neun Tage nach der Entführung hätten die Täter nicht mal mehr Lebenszeichen – egal welchen Datums – geschickt. „Von daher sind die Ermittlungen in eine gewisse Richtung gedrängt worden“, so der Polizeidirektor Peter Schultheiß. Im Klartext: Die Polizei hielt es für wahrscheinlich, daß Matthias Hintze bereits ermordet war, und versuchte deshalb, bei den Geldübergaben die beiden Russen festzunehmen. Daß die Theorie der Polizei vom frühen Mord richtig war, scheint auch der erste Eindruck der Ärzte am Tatort zu belegen: Etwa drei Wochen sei Matthias Hintze wohl schon tot, so die Schätzung. Eine genaue Obduktion soll in den nächsten Tagen erfolgen.

Die beiden Entführer waren als russische Soldaten in der DDR stationiert. Beide waren 1994 bereits von der deutschen Justiz verurteilt worden: Sergej S. wegen Raub und Freiheitsberaubung zu sechseinhalb Jahren Haft, Wjatscheslaw O. zu drei Jahren wegen Hehlerei. Einen Teil ihrer Strafen saßen sie in der Bundesrepublik ab, wurden dann abgeschoben und reisten vor etwa drei Monaten illegal wieder in die Bundesrepublik ein.

Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel (SPD) forderte deshalb gestern striktere Kontrollen an den Grenzen; Staatsanwalt Hans-Dieter Baumler kündigte bereits an, daß die beiden Russen ihre Haft diesmal in einem deutschen Gefängnis absitzen werden: „Man kann sie zwar nach Rußland abschieben, aber ich glaube nicht, daß wir das tun. Wir wollen ja sicherstellen, daß die Strafe vollstreckt wird.“ Felix Berth

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