: Theologinnen gegen „Männer-Paragraph“ 218
Hamburg (dpa) — Zum ersten Mal haben sich Vertreterinnen der katholischen und evangelischen Kirche gemeinsam in der Frage der umstrittenen Neuregelung des Abtreibungsparagraphen gegen eine Bevormundung der Frauen durch die Kirche ausgesprochen. Die 27 Theologinnen kritisierten in der am Mittwoch erscheinenden Zeitschrift 'Brigitte‘ die starre Haltung vor allem der katholischen Kirche zu diesem Thema. Den Frauen sollte in dieser Gewissensfrage die Entscheidung selbst überlassen werden.
Die katholische Dozentin Hedwig Meyer-Wilmes von der Universität in Nijmegen erklärte, bei der Debatte um den straffreien Schwangerschaftsabbruch gehe es auch um die Gewissensautonomie der Frauen. „Hier liegt für mich der eigentliche theologische Skandal: Daß Frauen nämlich in diesem Fall kein eigenes Gewissen zugestanden wird. Etwas, was die christliche Kirche zum Beispiel kriegsdienstleistenden Männern immer zugemutet hat.“
Monika Klein, katholische Theologin an der Universität Münster, meinte, die Großkirchen trügen Mitverantwortung an der Unterdrückung der Frauen in Geschichte und Gegenwart. Vor allem die katholische Kirche müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, über die Köpfe der Frauen hinweg zu urteilen.
Beatrix Schiele, katholische Moraltheologin bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart, kritisierte, daß vor allem die Frauen als Bedroherinnen menschlichen Lebens erschienen. Männer könnten dagegen „quasi symbolisch und ungestraft abtreiben, indem sie sich auf das Zahlen von Alimenten zurückzögen“. Warum nicht endlich von der Verantwortung des Mannes sprechen?
Almut Nötzel, Superintendentin der evangelischen Kirche in Magdeburg, meinte, unsere Gesellschaft sei weit davon entfernt, daß Kinder von allen erwünscht seien: „Von Vermietern, von Städteplanern, von Nachbarn, von Arbeitgebern und Politikern. Da soll strafrechtliche Verfolgung oder moralische Verurteilung von Frauen eine Lösung sein?“ Erika Godel, Superintendentin im Kirchenkreis Berlin-Wedding, forderte, es sei Aufgabe der Kirche, „die die Rechtfertigung der Sünderin und des Sünders predigt, Vergebung leibhaftig zu praktizieren, und die Frauen, die sich gegen die Geburt eines Kindes entschieden haben, nicht der Justiz zu überlassen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen