■ Das Portrait: Theodor Maunz
Viele Juristengenerationen sind durch ihn geprägt worden. Sie benutzten sein „Deutsches Staatsrecht“ oder haben mit dem Grundgesetzkommentar gearbeitet, der als „Maunz-Dürig“ ein wichtiges Arbeitsmaterial des Verfassungsjuristen ist. Nur wenige wußten, daß der Professor des Öffentlichen Rechts an der Universität in München, von 1954-64 bayerischer Kultusminister, auch ein wichtiger Exponent des „NS-Rechtsdenkens“ war.
Aber so war das nach 1945: Die NS-Universitäten wurden nicht „abgewickelt“, sondern blieben – von einer Handvoll Sündenböcke abgesehen – in ihrer Substanz erhalten. Theodor Maunz hat davon profitiert. Er mußte sich nicht für das Buch rechtfertigen, das er noch 1943 unter dem Titel „Gestalt und Recht der Polizei“ veröffentlicht hatte. Maunz rechtfertigte darin ausdrücklich, daß „polizeiliche Schutzhaft auch zulässig ist nach einem freisprechenden Urteil oder nach Verbüßung einer gerichtlichen Strafe“. Das hat
Der große Kommentator des Grundgesetzes war ein NS- Jurist Foto: Ullstein
damals für viele KZ oder Tod bedeutet. Maunz beanstandete nicht, daß die Mehrzahl der für die Geheime Staatspolizei geltenden Vorschriften „nicht mehr verkündet worden“ sind. Er verglich die Verklammerung der Polizei mit der SS („den Schutzstaffeln der Partei“) mit der „Verklammerung von Armee und Adel im friderizianischen Staat“. Maunz hat sich nie von dieser Vergangenheit distanziert. In der Bundesrepublik hat er – dem alten Denken entsprechend – für den Vorrang von Exekutivmacht plädiert.
Man könnte den alten Mann in Ruhe vergessen, der jetzt kurz nach seinem 92. Geburtstag gestorben ist, wenn nicht heute die Legitimierung der Stasi völlig anders gehandhabt würde als die wissenschaftliche Rechtfertigung der Gestapo, wenn es nicht in der FAZ hieße: „Sein Name zählt zu den großen in der deutschen Staatsrechtslehre.“
Wir müssen uns mit Theodor Maunz deshalb auseinandersetzen, weil sein Name noch heute dafür steht, daß das deutsche Staatsrecht die rechtskonservative Prägung in den ersten Nachkriegsjahrzehnten noch nicht überwunden hat. Die deutsche Staatsrechtslehre entspricht in keiner Weise dem politisch-gesellschaftlichen Spektrum der Bundesrepublik. Sie steht weit „rechts“ von der Mitte. Jürgen Seifert
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