: Theo Waigel macht seine Kasse dicht
Die Opposition bezweifelt, daß die ab Freitag geltende Haushaltssperre den Etat retten kann. Finanzminister machte im Bundestag keine Angaben zur Tiefe der Milliardenlöcher ■ Aus Bonn Hans Monath
Erst attackierte Theo Waigel im Bundestag minutenlang die Opposition als Arbeitsplatzvernichter, dann verkündete er die überraschende Botschaft: Mit Hilfe einer Haushaltssperre will der Bundesfinanzminister nun seinen Etat retten, in den die Konjunkurentwicklung milliardenschwere Löcher zu reißen droht. Waigel weigerte sich aber in der von der SPD beantragten aktuellen Stunde, die Höhe der Ausfälle zu beziffern: Das sei erst nach der Steuerschätzung im Mai möglich. Haushaltspolitiker der Koalition schätzen die Lücke auf 14 Milliarden Mark.
Die Haushaltssperre soll schon am morgigen Freitag in Kraft treten. Sie gilt für sächliche Verwaltungsausgaben ab 500.000 Mark, für Zuweisungen und Zuschüsse ab einer Million Mark, sowie für militärische Beschaffungen, Baumaßnahmen und sonstige Investitionen ab 5 Millionen Mark. Von der Sperre belegt werden auch die im laufenden Haushaltsjahr eingegangene Verpflichtungsermächtigungen für Ausgaben in den Folgejahren ab einer Million Mark. Von dieser Größenordnung an dürfen Ausgaben nur noch mit Zustimmung des Finanzministers getätigt werden. Voraussetzung dafür ist, daß sie sachlich zwingend und zeitlich unaufschiebbar sind. Waigel machte vor dem Bundestag keinerlei Angaben dazu, in welchen Ministeretats er streichen und welche Vorhaben er zurückstellen will. Waigel kündigte lediglich an, er werde von der Sperre „differenziert, aber sparsam“ Gebrauch machen.
Die Wirtschaftsentwicklung malte er dagegen in rosigen Farben aus: Es gebe keine Daten, die belegen, daß die „vorübergehende“ Konjunkturschwäche in eine Rezession führe. Auch könne im Moment niemand sagen, wie sich der Arbeitsmarkt in diesem jahr entwickeln werde. Die Opposition habe mit ihren pessimistischen Voraussagen noch immer danebengelegen.
Der SPD-Haushaltsexperte Karl Diller warf dem Finanzminister daraufhin vor, die Haushaltssperre sei nicht die Lösung des Problems, sondern vielmehr der Beweis für das finanzpolitische Chaos, das Theo Waigel angerichtet habe. Bis zu 25 Milliarden Mark könnten im Haushalt fehlen, die Haushaltssperre bringe aber höchstens 5 bis 8 Milliarden Mark in die Kasse. Diller kritisierte, Waigel habe keine Antwort auf die Frage gegeben, ob er mit Sozialabbau, Steuererhöhung oder etwa Neuverschuldung die Staatsfinanzen sanieren wolle. „Sie wollen die Wählerinnen und Wähler wieder betrügen!“ warf er dem CSU-Poitiker vor.
Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier forderte einen Nachtragshaushalt. Darin müßten konkrete Zahlen und Maßnahmen genannt werden.
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