: Theatraliker aller Sparten
■ „Lebendige Stadt“, Forum Theater: Kontaktaufnahmen und Vorschlagswust
Ja gut, einer hat Stuß geredet und eine Wohlfeiles, aber egal, erstmals saßen alle zusammen auf der Bühne der bremer shakespeare company, als am Sonntag high noon das Forum THEATER der kulturpolitischen Reihe „Lebendige Stadt“ begann - all die ZaunkönigInnen der Bremer Theaterlandschaft von frei bis vollsubventioniert: Schnürschuhtheater, ABM -finanziert (Kurt Wobbe),
MOKS-Theater, staatliches Jugend-und Kindertheater (Ursula Menck), Bremer Schauspielhaus (Oberspielleiter Andras Fricsay, Schauspieler Ilja Richter), bremer shakespeare company, 25 SpielerInnen, 1 Mill. Umsatz, kein staatliches Geld, aber Gebäude frei (Norbert Kentrup), Theater im Schnoor, mit Packhaus, Puppentheater und Theatrium, freies Haus und 50.000
Subvention (Andrea Krauledat), Ernst-Waldau-Theater, 1,5 Mio. Subvention (Ingrid Waldau-Andersen, Bernd B. Wessels), Freiraum-Theater, experimentell mit Schauspielschule, 0 Mark vom Staat (Jürgen Müller-Othzen, Reinhold Schäfer).
Nach einer Runde Bestandsaufnahme brechen die Fronten zwischen armen Freien und reichen Staatlichen, zuerst artig verdeckt, dann doch auf. Nach Äußerungen im WK, wonach die shakespeare company die einzigen Profis in Bremen seien und die des Schauspielhauses auf Schülertheaterniveau, sieht sich Fricsay als Opfer der Presse, die nicht inhaltlich kritisiere, sondern Politik mache. Ilja Richter war gekommen, um die Kollegen der company kennenzulernen, von denen er gehört hatte, sie hätten sich auch darüber geärgert. Als aber Norbert Kentrup den Vorschlag macht, zu unterscheiden zwischen zu suventionierenden experimentellen und selbstlaufenden Publikumsrennern, und der Schauspielhäusler Michael Derda sich daraufhin dagegen verwahrt, Geld und Raum mit dem schieren experimentellen Anspruch einzusacken, ist es soweit. Da ruft zornentbrannt ein vogelfreier Schauspieler aus dem Publikum, das Schauspielhaus solle doch für seine Wahnsinnsknete auch Wahnsinnstheater lie
fern statt der tatsächlich gebotenen Scheiße.
Die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und freien sah Fricsay von Tausenden von Paragraphen, dem „Aufkreischen der Machthaber“ und den „Leuten im Hintergrund“ sabotiert, Hille Darjes, shakespeare company, fand sie möglich, aber nicht lockend, sofern sie bedeute, daß der General-Intendant der shakespeare company das Weihnachtsmärchen anbiete, weil das Schauspielhaus es nicht machen wolle.
An Vorschlägen, hier meist „Utopien“ genannt, ist festzuhalten: endlich ein gemeinsames Plakat, das über alle Bremer Theater-Ereignisse informiert; eine Art Kinder -Kampnagel (Ursula Menck); ein Theater mit 300 Plätzen für alle freien Gruppen; ein „Theaterrat“, der über einen Fonds zu entscheiden hat und in dem sich die Gruppen „auf das Glatteis trauen“, zu diskutieren, wo Geld hin soll und wo nicht - anstelle der Behörde; Förderung von Autoren, die Stücke schreiben (Kentrup); und ein Sommer-Theater-Festival, auf dem die Freien „14 Tage geballte Ladung“ versprühen (Ilja Richter). Fazit: Wer sich noch nicht mal grüßte, hat miteinander geschwätzt, der Senator und der Deputationsvorsitzende haben zugehört. Uta Stoll
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