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TheatertreffenDer Tod lässt sich nicht wegzaubern

Sie haben in der Thatcher-Zeit in England begonnen, die Arbeit in Europa machte sie freier

Heute beginnt das Theatertreffen in Berlin. Eingeladen ist auch „Real Magic“, von der britischen Gruppe Forced Entertainment, koproduziert von gleich drei deutschen Theatern: Pact Zollverein aus Essen, dem HAU in Berlin und dem Mousonturm Frankfurt. Dass diese englischsprachige Gruppe unter den „zehn bemerkenswerten Inszenierungen des deutschsprachigen Theaters“, die eine Kritikerjury jedes Jahr auswählen darf, ihren Platz gefunden hat, ist an sich schon bemerkenswert.

Mein Englisch ist mittel, aber „Forced Entertainment“, 1984 in Sheffield gegründet, liebe ich nicht zuletzt, weil sie mir suggerieren, doch ziemlich gut Englisch zu verstehen. Ob diese Einfachheit der Sprache dem Umstand geschuldet ist, dass sie seit 30 Jahren so viel in Europa unterwegs sind, in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Österreich, frage ich Tim Etchells, Regisseur und einer der Autoren im Kollektiv. Ja, meint er, aber mehr noch daran, dass sie nach einer alltäglichen Sprache suchten, die direkten Kontakt zum Zuschauer herstellt und Bilder in ihm wachruft. Das gelang ihnen von Anfang an.

In einem ihrer Stücke trug jeder Zuschauer ein Bändchen um das Handgelenk, „I’m not dead“ stand drauf. Von der Dämmerung spielten sie bis zum Morgengrauen, Geschichten vom Wegzaubern, von Tod und Auferstehung und von persönlichen Ängsten. Später fühlte es sich an, als hätte man das geträumt, wie als Skelette angemalte Performer ungeschickt mit einem Tuch hantieren, um den Tod wegzuzaubern, aber der Tod lässt sich nicht wegzaubern.

Auch in „Real Magic“, dem Stück, mit dem sie zum Theatertreffen kommen, geht es um das Scheitern, die Wiederholung, die Vergeblichkeit. Viel davon hat Forced Entertainment in das deutsche Theater hineingetragen, mit ihrer Erzählweise die Entwicklung des Postdramatischen Theaters angestoßen. Ein spezieller Punkt war für sie dabei, den Einfluss der Massenmedien auf die persönliche Befindlichkeit zu fassen zu bekommen, die Veränderung des Erwartungshorizonts durch das Spektakel. „Wie sich das durchdringt, das nimmt ja noch zu“, sagt Tim Etchells. Das bearbeiten sie weiter.

In Sheffield ist ihre Heimatstation, in Europa sind sie präsent. „Wir hatten immer das Gefühl, von einem Ort zu kommen, der sich vom Kontinent unterscheidet“, sagt Etchells. Sie haben in der Thatcher-Zeit in England begonnen, die Arbeit in Europa machte sie freier. Hier war das Publikum bereit, mit ihnen über die Bedingungen von Theater nachzudenken, individuellen Stimmen der Erzähler zu folgen. So ist ihr Erfolg als britische Performer nicht zuletzt durch ein Netzwerk vieler europäischer Partner entstanden.

Katrin Bettina Müller

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