: The Oscar goes to Plastilin
■ Neu im Kino: Das britische Knetduo „Wallace & Gromit“
Das Kino der animierten Knetmassen hatte bisher die Altersbeschränkung „nur unter zwölf Jahren“. Aus Würsten wurden da Schlangen, aus Klumpen Köpfe und nach einem großen Platsch war alles wieder platt. Dann gab es vor einigen Jahren ein irres Musikvideo, in dem Peter Gabriel so richtig schön durch die Trickfilmmangel gedreht wurde: „Sledgehammer“ muß immer noch als einsames Beispiel dafür herhalten, daß Videoclips auch mehr als bunte Verpackungen sein können. Damit wurden die britischen „Aardman Animations“ zum erfolgreichsten Plastilintrickstudio Europas.
Der Trickfilmer Nick Park ließ bei Gabriel die toten Hühner tanzen, und er entwickelte sich danach schnell zum Star des Studios. Für seinen ersten eigenen Film „Creature Comforts“ bekam er den Oscar für den besten Kurzfilm, und mit seinem ebenfalls oscarpämierten „The Wrong Trousers“ ist der Puppentrickfilm endgültig aus den kurzen Hosen herausgewachsen.
In „Creature Comforts“ geben Tiere Auskunft darüber, wie es ihnen im Zoo gefällt. Park bewegte dazu die Münder seiner Bären, Pinguine und Affen synchron zu den realen Tonaufnahmen von Interviews, die mit Stadtbewohnern geführt wurden.
Für seine weiteren Filme entwickelte Park dann mit „Wallace & Gromit“ ein Kinopaar, das gute Chancen hat als die gekneteten Erben von Laurel & Hardy in die Filmgeschichte einzugehen. Wallace ist ein typisch britischer Spießbürger im Strickpullunder und vollgestopft mit abgedroschenen Redensarten, Gromit ist sein kluger Hund, der Zeitung und das Handbuch für Hundeelektronik liest. In „A Grand Day Out“ fliegen die beiden zum Mond, weil der Käse zu den Crackern fehlt und der Mond ja bekanntlich aus Käse ist. In „The Wrong Trousers“ stürzt Park sein Heldenpaar dann in ein hanebüchenes Abenteuer mit ferngesteuerten Hosen, einem bösen Erzpinguin, Hundetränen und blauen Bohnen. 30 Minuten parodiert Park hier Hollywoodgenres. So begeht der Pinguin einen Einbruch a la Rififi, Gromit schleicht durch die dunklen Gassen des film noir und als großes Finale gibt es eine Verfolgungsjagd auf einer Modeleisenbahn (!), deren surrealer Witz an die Cartoons von Tex Avery erinnert. Bei all dem gelingt es Park seine Puppen so lebendig wirken zu lassen, daß man wirklich vom Film mitgerissen wird und das Plastilin dabei völlig vergisst. Und Park hat einen ganz eigenen, sehr verwegenen Humor – bei ihm träumt ein Gasherd auf dem Mond vom Skiurlaub und eine Hose führt den Hund Gassi. In seinen Kurzfilmen, die „The Aardman Collection“ von drei anderen Produktionen des Studios sowie „Sledgehammer“ ergänzt werden, macht er mit kleinen Püppchen großes, aberwitziges Kino. Selbst die entfernten Verwandten Kermit und Gonzo kommen da nicht mehr mit. Wilfried Hippen
Cinema, tägl. 19.30 und 23.00 Uhr
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