„The Night Manager“ ist so, wie der „Tatort“ gern wäre: Nachtwächter, Waffen und vielleicht der neue Bond
Die Couchreporter Heute: Jan Feddersen
Neulich lief an drei späten Abenden im ZDF eine Qualitätsproduktion der BBC, in ihrem Mittelpunkt stand titelgebend ein „Night Manager“. Der Nachtwächter schiebt Dienst in einem Super-Duper-Luxushotel in Kairo und hängt irgendwie mit britischen Geheimdienstkontakten ab. Dann realisiert er, wir sind 2011, mitten im Arabischen Frühling, wie eine sehr schöne Frau von ihrem Geliebten in dieser Herberge gemeuchelt wird, weil sie ein waffenschieberisches Dossier an diesen Mann am Desk weitergeleitet hat bzw. toleriert hat, dass er dieses kopieren kann.
Der Händler des Todes wird gespielt von Hugh Laurie, unserem verehrten nerdigen Perfektmediziner Dr. House. Sein Gegenüber ein Mann, der als In-die-Fußstapfen-von-Daniel-Craig-James-Bond gehandelt wird, nicht zuletzt nach dieser Serie: Tom Hiddleston.
Um es in dieser Bilderlogik weiter zu erzählen: Die Judi Dench des Dreiteilers gibt Olivia Colman, bekannt aus einer der besten britischen TV-Serien der vergangenen Jahre, „Broadchurch“. Ihr Appeal ist ansteckend, mitreißend und in jedem Moment interessiert.
Am Ende wird das Gute siegen, doch nicht ohne Preis: Die von der Waffenlobby geschmierten Beamten im Ministerium werden nicht vom Hof gejagt, sondern für die Niederstreckung des Widersachers nützlich gemacht. Sie werden, wir als TV-Krimi-Gucker wissen um das wahre Leben, weitere Schandtaten begehen, aber egal: Der Bösewicht des Dreiteilers wird hübsch dem Nirwana überantwortet.
Gedreht wurde die Produktion an erlesenen Orten: Mallorca jenseits vom Ballermann, viel schmuckes Ägypten, ein London der geputzten Art, auch Istanbul lernen wir als delikate Metropole kennen. Das atmet sehr den Geist der James-Bond-Ästhetik, freilich ohne deren Humor. Geflachst oder ironisiert wird beim „Night Manager“ gar nichts. Trotzdem ist er besser als alle „Tatorte“, die vornehmlich nach pädagogischen Plänen ausgedacht sind: Volxthemen wie Kindesmissbrauch, Waffenhandel mit der Dritten Welt, Neonazis, Entführungen von Frauen, Trauma an & für sich etc. pp. Krimis als Belehrstrecken – ganz gruselig.
Insofern reicht dieses TV-Vergnügen gewiss an jene Krimis heran, die ebenfalls das ZDF ausstrahlte: „Kommissarin Lund“ (mit Sofie Gråbøl) aus Dänemark etwa oder die britische TV-Reihe „Für alle Fälle Fitz“ (mit Robbie Coltrane). Man neigt allmählich zu einer sämigen „Früher war es so schön viel komplexer“-Wahrnehmung. Sei’s drum: 1984 strahlte die ARD eine der irritierendsten Spionage- und Krimiserien ever aus, es war die Verfilmung von John le Carrés „Dame König Ass Spion“ mit dem umwerfend zwiespältigen Alec Guinness. Er war Smiley, der Agentenführer seiner Majestät, er zog die Strippen im Kalten Krieg – wenngleich selbst nur fetter Bindfaden. „Smiley’s Leute“ sind von Angst getränkt, aber nicht in dieser typisch apokalyptisch gestimmten Weise wie deutsche Produktionen es waren, sind und wären. John le Carré hat auch den „Nachtwächter“ als Roman verfasst.
Tom Hiddleston wird besser nicht der neue Bond. Er ist zu starr und körperlich zu angeberisch gestählt, als dass seine Maskulinität natürlich wirkte. Besser als Made in Germany ist er freilich allenthalben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen