Thatcher-Briefmarke in Großbritannien: Leck die Maggie
Margaret Thatcher ziert ab Oktober eine Sondermarke der britischen Royal Mail. Das kommt dem Verrat ihrer Ideale gleich.
Auf den ersten Blick wirkt die neue First-Class-Briefmarke Großbritanniens wie eine weitere Ehrerbietung für Margaret Thatcher. Sanftmütig lächelt die „Eiserne Lady“ im hellblauen Kostüm ab Oktober von britischen Expressbriefen. Sie führt damit eine Sammlung von acht Sonderbriefmarken an, die zur Feier des 200-jährigen Jubiläums des Premierminister-Postens erscheinen werden.
Briefmarken mit dem Konterfei von William Pitt junior, Charles Grey, Robert Peel, William Gladstone, Winston Churchill, Clement Atlee und Harold Wilson sollen folgen. Die Ironie beim Sonderdruck: Die Royal Mail verkauft nun Thatcher, die sich zeit ihrer Regentschaft geweigert hatte, die Royal Mail zu verkaufen.
Als Premierministerin hatte sie in den 1980er Jahren British Gas, British Airways, British Telecom und Dutzende weitere staatliche Institutionen privatisiert. Doch bei der Post machte Thatcher halt. Sie sei nicht bereit, den Kopf der Queen zu privatisieren, lautete ihr Argument. Auch für ihre Nachfolger, John Mayor und Tony Blair, galt die 1516 gegründete Royal Mail als nationales Heiligtum, das in Händen des Staates bleiben sollte. Am 8. April letzten Jahres starb Thatcher. Nur wenige Monate später beschloss die Regierung Cameron den Börsengang der Post.
Ist die Entscheidung, Thatchers Konterfei nun auf eine Briefmarke zu platzieren, die späte Rache? Margaret Thatcher sei eine bedeutsame Persönlichkeiten in wichtigen Zeiten gewesen, und sie habe ihren Platz in der Selektion verdient – ungeachtet ihrer politischen Ansichten, sagte Paul Lay, der Herausgeber des Magazins History Today, dem Guardian. Die Queen muss alle Briefmarkenmotive autorisieren, bevor sie gedruckt werden. Mit der Vermarktung von Thatchers Kopf hatte sie offensichtlich weniger Probleme als umgekehrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren