piwik no script img

Thailand verschärft GesetzVorwand Majestätsbeleidigung

Kommentar von Nicola Glass

Das Gesetz, das in Thailand den König schützen soll, dient dem Machterhalt des Militärs. Doch das Prinzip Abschreckung funktioniert nicht mehr.

Vor allem junge Demonstrierende in Thailand verlangen eine Reform der Monarchie Foto: Peerapon Boonyakiat/imago

E s gilt als das härteste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung weltweit. Demnach kann jeder Schuldspruch pro Anklagepunkt bis zu 15 Jahre Haft bedeuten. Dass Thailands Regime unter Ex-Putschistenführer Prayut Chan-­ocha das drakonische Gesetz nach längerer Zeit wieder verschärft als Waffe gegen Oppositionelle einsetzt, ist kein Zufall. Das „Lèse-majesté“-Gesetz soll als Abschreckung für die pro-demokratische Protestbewegung dienen: Mindestens zwölf führende Köpfe wollte die Polizei vorladen – kurz vor einer Kundgebung, die das milliardenschwere Vermögen von König Vajiralongkorn aufs Korn nahm.

Außer dem Rücktritt Prayuts und Verfassungsänderungen verlangen die mehrheitlich jungen Demonstrierenden eine Reform der Monarchie, darunter politische Neutralität sowie klare Regeln für eine Kontrolle des königlichen Vermögens. Am Mittwoch legten sie mit einem Protest vor der Zentrale der Siam Commercial Bank nach. Deren größter Anteileigner ist der König, der sich im Juli 2017 die komplette Kontrolle über das Crown Property Bureau gesichert hatte. Dieses wiederum verwaltet das Vermögen des Palasts, das auf über 30 Milliarden US-Dollar geschätzt wird.

Als Vorbild für eine Reform dürfte der prodemokratischen Bewegung eine Monarchie vorschweben, die den kons­ti­tutionellen in Europa ähnlich ist. Für Thailands ultraroyalistische reaktionäre Eliten aber ist das ein Schreckgespenst: Denn eine solche Forderung käme für sie einer Abschaffung der Monarchie gleich. Um den Schutz des Königshauses geht es beim „Lèse-majesté“-Gesetz ohnehin nur oberflächlich.

In Wahrheit soll es jene von Kritik abschirmen, die die Monarchie als Legitimation benutzen, um den eigenen Machterhalt zu sichern. Das gilt allen voran für Thailands Militärs, die sich als Wächter des Palasts aufspielen und damit Staatsstreiche rechtfertigen. In der Vergangenheit hat dieses Prinzip der Abschreckung funktioniert. Gemessen an der bisherigen Unerschrockenheit der jungen Protestierenden ist das offenbar nicht mehr der Fall.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Zitat: "Es gilt als das härteste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung weltweit. Demnach kann jeder Schuldspruch pro Anklagepunkt bis zu 15 Jahre Haft bedeuten."

    Ein beispielloser Anachronismus.



    Ich hoffe, die Thais überwinden ihre innere Grenze und jagen Rama den X zum Teufel. Offenbar ist er der reichste Monarch der Welt - also noch vor der Queen - so hört man.

    Aber das ist so, als ob wir dem Papst abschwören würden.



    Ich drücke die Daumen.