Teurer Airbus-Militärtransporter: A400M hebt ab - für vier Stunden
Der jahrelang von Pannen überschattete Airbus-Militärtransporter A400M ist tatsächlich geflogen. Nun soll der Hersteller die horrenden Kosten erklären.
BERLIN taz | Erleichterung im spanischen Sevilla - der Airbus-Militärtransporter A400M ist abgehoben. Jahrelang stand das Flugzeugprojekt für Pleiten, Pech und Pannen. Nun zeigte der Koloss, dass er auch fliegen und sogar wieder landen kann - Jahre später zwar als geplant, aber immerhin. "Das war ein fantastischer Flug", jubelten die Testpiloten nach fast vier Stunden Jungfernflug. "Alle Geräte funktionierten einwandfrei. Wir sind sehr beeindruckt."
Doch Vorsicht ist angebracht: Das Flugzeug, das am Freitag unter großem Applaus von 2.500 Gästen über Sevilla flog, ist nicht das militärische Transportflugzeug, von dem sieben europäische Länder vor sechs Jahren 180 Exemplare für 19,6 Milliarden Euro bestellt haben. Größter Kunde ist dabei die Bundeswehr mit 60 Flugzeugen.
In Sevilla flog vielmehr ein Legokasten in der Hülle des A400M. In deren Innern gibt es zwar bereits Komponenten, die später auch in den Serienflugzeugen Verwendung finden sollen, viele Risikokomponenten werden aber derzeit noch durch erprobte Bausteine aus dem zivilen Flugzeugbau ersetzt. Sie sollen erst später durch Neuentwicklungen abgelöst werden. Am Freitag ging es vor allem darum, den A400M endlich abheben zu lassen - als Signal gegen einen etwaigen Abbruch des Vorhabens. Der A400M ist das mit Abstand größte europäische Rüstungsprojekt aller Zeiten.
Für den A400M wurden vertraglich - wie im zivilen Flugzeugbau - ein Festpreis, ein festes Lieferdatum und spezifische Leistungen für die zu liefernden Flugzeuge vereinbart. Nichts davon konnte der Flugzeugbauer, der europäische Luft- und Rüstungskonzern EADS, einhalten. EADS ist mindestens drei Jahre hinter dem Zeitplan. 2009 sollten die ersten Flugzeuge ausgeliefert werden. Vor 2013 wird das jedoch nichts. Die Industrie musste im Frühsommer zugeben, dass das Flugzeug 3 Prozent weniger leisten wird als vertraglich vereinbart und noch viel weniger als von ihr selbst versprochen. Die Hoffnung der Bundeswehr, abgespeckte Schützenpanzer vom Typ Puma mit dem A400M verlegen zu können oder einsatzfähige Radpanzer vom Typ Boxer ohne Zwischenlandung von Deutschland nach Afghanistan fliegen zu können, wäre dahin.
Und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) hat die Kosten des Vorhabens kürzlich nach einem Bericht des Pariser Wirtschaftsblatts Les Echos auf mittlerweile 27,4 Milliarden Euro geschätzt sowie weitere technische Risiken im Wert von 2 bis 4 Milliarden Euro ausgemacht. Der A400M kommt also deutlich später, teurer und leistet auch deutlich weniger als von der Industrie versprochen.
Das gibt den Kunden theoretisch das Recht, den Vertrag mit EADS zu kündigen. Südafrika hat davon bereits Gebrauch gemacht. Größere Kunden wie Deutschland und Frankreich wollen das Vorhaben aber aus industriepolitischen Gründen unbedingt am Leben halten. Sie verhandeln mit der EADS über eine spätere Lieferung und die Übernahme der Mehrkosten. Die EADS möchte, dass die Kunden den Löwenanteil der Kosten tragen, die Staaten erwarten Vertragstreue von der EADS.
Zum dritten Mal in zwei Monaten trafen sich deshalb in Sevilla die Rüstungsstaatssekretäre. Sie wollen von der EADS jetzt bis zum Ende des Jahres erneut Auskunft über die Vorstellungen des Konzerns. In dessen Sinne war der Erstflug also erfolgreich.
OTFRIED NASSAUER
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