: Testete sowjetische Armee H-Bombe an Dorfbevölkerung?
Kopenhagen (afp) - Die sowjetische Armee hat im Jahre 1953 Dorfbewohner in Kasachstan als Versuchskaninchen bei Atomversuchen benutzt. Dies berichtete am Montag das dänische Fernsehen in einer Dokumentation. „Zum ersten Mal wurde endeckt, daß Zivilisten bewußt bei militärischen Atomversuchen in der Sowjetunion eingesetzt wurden, und erstmals wurden Überlebende befragt“, erklärte der Autor der Sendung, der Journalist Thomas Heurlin. Er hatte in dem Ort Kaural, etwa 100 Kilometer von dem Ort entfernt, wo die erste sowjetische Wasserstoffbombe explodierte, Überlebende befragt. Durch Bestechungen von Beamten wurden die Interviews möglich gemacht.
Einer der sechs Überlebenden des Dorfes Kaural, der 59jährige Tugaj Rakiembiew, erzählte, daß „an einem Tag im August 1953“ Soldaten gekommen seien, um das Dorf zu evakuieren. „Sie wählten 39 Männer und eine Frau, darunter mich selbst aus, die im Dorf bleiben mußten“, berichtete er weiter. Am nächsten Tag habe er mit den anderen „ein starkes Licht, stärker als die Sonne“ gesehen. „Ich habe nicht gewußt, was das war, der Horizont war purpurrot, ein Pilz erhob sich am Himmel ... es war sehr schön.“
Eineinhalb Stunden später seien mit Gasmasken und Spezialuniformen ausgerüstete Soldaten gekommen und „haben uns etwa 40 Kilometer weiter weg gebracht, um etwas an unseren Körpern zu messen. Sie haben uns gebeten, 20 Zentiliter Wodka zu trinken.“ Anschließend hätten die 40 Versuchspersonen 18 Tage lang zur Beobachtung auf einer Farm bleiben müssen. Inzwischen seien 34 der 40 Menschen an verschiedenen Krebsarten gestorben. Auch die sechs noch lebenden Personen leiden alle an Krebs. Auch in dem Dorf Sarsjal, 28 km entfernt, sind mehr als die Hälfte der 243 Bewohner, die regelmäßig von Experten in einer Spezialklinik untersucht wurden, an „Krebs, Herzleiden oder Selbstmord“ gestorben.
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