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Terrorbekämpfung-KommentarKeine neue Sympathisantenhatz!

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Innenminister haben aus den RAF-Jahren nichts gelernt: Sie wollen schon strafbar machen, nur mal eine Bin Laden-Rede weiterzugeben.

I n einigen arabischen Ländern und bei manchen muslimischen Jugendlichen im Westen mag Ussama Bin Laden eine Art Popstar sein - einer, der es "den arroganten Amerikanern gezeigt hat" und sich von der größten Militärmacht der Welt nicht erwischen lässt. Wenn nun jeder, der mal eine Bin-Laden-Rede an einen Freund weitergibt oder ins Internet stellt, gleich als Terrorist verfolgt würde, dann wäre das eine ziemliche Überreaktion - und würde vermutlich mehr Terrornachwuchs produzieren, als es jeder Bin-Laden-Aufruf allein vermöchte. Genau das aber forderten nun die Innenminister auf ihrer Sonderkonferenz zur inneren Sicherheit.

"Sympathiewerbung" für terroristische Organisationen soll wieder strafbar sein. Eine rot-grüne Liberalisierung von 2003 soll rückgängig gemacht werden. Damit zeigen die Innenminister ausgerechnet im RAF-Erinnerungsjahr 2007, dass sie aus dem "Deutschen Herbst" 1977 wenig gelernt haben.

Mit neuen Strafrechtsvorschriften, aber auch mit grobem Schwarz-weiß-Denken in Medien und Politik wurde damals das innenpolitische Klima vergiftet. Dass schon die bloße "Werbung" für eine terroristische Vereinigung als Terrorismus galt, war eine typische Überreaktion der RAF-Zeit - ein Symbol dafür, wie wenig der Staat bereit war, zwischen radikalem Diskurs und verbrecherischer Tat zu unterscheiden.

Die Meinungsfreiheit erlaubt es auch, gefährlichen Unsinn zu sagen und zu verbreiten. Dieses zentrale Grundrecht der Demokratie schützt nicht nur Menschen vor vorschneller Strafverfolgung, sondern ist auch ein wichtiges Ventil für politischen Unmut. Es trägt zur Stabilität westlicher Gesellschaften bei. Wer jeden, der Unerträgliches denkt und redet, gleich ins strafrechtliche Abseits oder sogar in den Untergrund treibt, schafft sich damit mehr Probleme, als er je lösen kann. In Zeiten eines globalen Internets ist die Hoffnung der Innenminister, sie könnten die Werbung für al-Qaida unterbinden, ohnehin reichlich weltfremd.

Seit 2003 ist in Deutschland nur noch das Anwerben von Mitgliedern und Unterstützern von Terrorgruppen strafbar, nicht die bloße Sympathiewerbung. Das war ein vernünftiger Kompromiss. Dabei sollte es bleiben.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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3 Kommentare

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  • J
    Johanna

    So weit kommts noch. Wahrscheinlich ist Bin Laden genau desshalb noch am Leben, wenns denn so ist. Damit man noch recht viel Bürgerfreiheiten beschneiden kann. Das stinkt doch langsam bis zum Himmel. Bin ich jetzt in der Terrorkartei? Man muss sich schon fragen welche Kräfte hier wieder das Monopoly steuern. Was sich hier in rauschendem Galopp alles zu verwirklichen drängt grenzt an ein nie dagewesenes Verbrechen. Also was ist nun der Ursprung von Terror? Nämlich genau solcher Irrsinn!

  • JM
    Joern Maass

    Hunderttausende Arbeitslose und ohne Perspektive aufgewachsende Deutsche (evt. mit Migrationshintergrund)warten auf eine Radikalisierung. Ein Vergleich mit 1977 trifft es daher wirklich nicht. Eher schon mit dem 3. Reich und dessen Symbolen... wenn man denn Vergleiche anstellen muß. Das sich das Problem von alleine löst (wie 77) scheint mir vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich...

  • SH
    Sven Haubold

    Wenn ich was verbiete, werte ich es auf und provoziere damit erst recht zum nun Verbotenen. Daher sollte man sich überlegen, was man verbietet. Besser ist es daher oft, einfach darüber hinwegszusehen. Wenn es die Innenminister nicht getan haben, warum muss die TAZ diesem Thema die erste Seite widmen und noch unsägliche Vergleiche mit 1977 herbeireden?