Terror-Sprengstoff aus dem Supermarkt: Leicht herzustellen und hochexplosiv

TATP heißt der Sprengstoff, der oftmals von Terroristen bei Anschlägen verwendet wird. Die notwendigen Grundstoffe gibt es im Supermarkt.

Luftsicherheitsbeauftragte kontrollieren Fluggäste

Gefragt sind Sprengstoffdetektoren, die trotz umfassender Kontrolle eine schnelle Abfertigung ermöglichen Foto: dpa

BERLIN taz | In den Wohnungen der Verdächtigen der Brüsseler Anschläge sind 15 Kilogramm des Sprengstoffs TATP gefunden worden. Ob dieser auch bei den Anschlägen selbst verwendet wurde, ist noch nicht geklärt. Doch davon ist auszugehen. Es ist die gleiche Art, wie sie bei den Anschlägen in Paris verwendet wurde und wie sie seit 2001 immer wieder bei vereitelten Anschlägen zum Einsatz kommen sollte. Seitdem ist Tri-Aceton-Tri-Peroxid ein Phänomen für Chemiker und Sprengstoffexperten, die dem Gemisch seinen Spitznamen gaben: „Die Mutter Satans“.

TATP ist nicht nur hochexplosiv, sondern auch vergleichsweise leicht herzustellen. Die Zutaten lassen sich in Nagellackentferner oder Desinfektionsmitteln finden. Dennoch benötigt man in der Handhabung ein ausgeprägtes Wissen über Chemie – und starke Nerven. Das Gemisch muss abgekühlt werden, damit sich der Sprengstoff herausbilden kann. Dabei kann es schon bei geringen Temperaturschwankungen zu einer Explosion kommen.

Auch Reibungsenergie, wie beim Öffnen eines Aluschraubverschlusses, kann eine Explosion auslösen. In seiner reinen kristallartigen Form reicht ein Esslöffel, um einen Laptop in die Luft zu sprengen. So kann der Sprengstoff auch leicht versteckt werden, zum Beispiel als Schuhbombe, Unterhosenbombe oder Limodosenbombe.

Laut der Ermittler, trugen die Terroristen in Paris den Sprengstoff in speziellen Westen bei sich, die unmöglich ein Laie hätte konstruieren können. Es wird vermutet, dass der IS mit einem Sprengstoffexperten zusammenarbeitet, der sich in Europa aufhält. „Man benötigt einen Spezialisten, der den Umgang mit Sprengstoff gewohnt ist“, zitiert der Spiegel im November 2015 einen ehemaligen Geheimdienstbeamten. Der Deutschen Welle sagt der Chemieprofessor Thomas Klapötke, von der Ludwig-Maximilians-Universität München, dass er bezweifle, dass man den Sprengstoff nach Rezept kochen könne.

Seit zehn Jahren forschen Experten intensiv an einer Aufspürmethode, speziell für Flughäfen. Denn TATP ist beinahe geruchlos und kann von Spürhunden nicht entdeckt werden. Israelische Wissenschaftler haben eine Technik entwickelt, die Rückstände von Acetonperoxid bei Kontakt mit dem Gepäck aufspüren kann.

Diese wird in den USA und Israel schon genutzt. Deutschland hatte bisher kein Interesse an der Technik. Wahrscheinlich aus einem simplen Grund: Zwar ist diese äußerst zuverlässig, aber extrem zeitaufwendig. Mit einem Tester, in Form eines dicken Kugelschreibers, wird über die ganze Oberfläche des Gepäcks gestrichen und der Tester anschließend in ein Sichtfenster gestellt. Dort zeigt ein Farbwechsel an, ob TATP-Spuren vorhanden sind.

Neue Detektoren sind gefragt

Am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie in Pfinztal, Baden-Württemberg, werden unter anderem solche Tester validiert. Dort arbeiten Spezialisten im Auftrag der Bundespolizei und des Bundeskriminalamts an der Entwicklung von Detektoren, die beispielsweise TATP in Coladosen finden sollen.

„Die Nachfrage von Bahnhofs- und Flughafenbetreibern ist sehr hoch“, sagt Stefan Tröster „und die Entwicklung schreitet schnell voran.“ Ebenso testen Tröster und seine Kollegen Sprengstoffscanner von internationalen Herstellern, die sich in ihrer Machart stark unterscheiden. „Was bisher geht und was nicht, darf und will ich nicht an dieser Stelle sagen“, fügt Tröster hinzu. „Diese Informationen könnten ja gerade für potenzielle Attentäter interessant sein.“

Fest steht, dass bisher kein einzelner Sensor alle Explosivstoffe und Szenarien abdecken kann. Genauso wie sich die Aufklärungstechnik weiterentwickelt, werden auch Amateuranleitungen zum Bombenbau im Internet regelmäßig erneuert. Der fertige Sprengstoff bleibt jedoch nur wenige Tage brauchbar und die Lagerung ist gefährlich. Einem Attentat ist nicht allein mit technischem Fortschritt zuvorzukommen, es müssen die aufgespürt werden, die bereit sind, den Zünder zu betätigen.

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