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Tepco gibt es zuKernschmelze in Fukushima 1, 2 und 3

In drei Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima-Daichii ist es nach dem Erdbeben am 11. März zu Kernschmelzen gekommen. Das räumte die Betrieberfima Tepco jetzt ein.

Da war man noch weit weg und wusste gar nichts: Explosion am 14.3. in Fukushima, beobachtet im Fernsehen. Bild: dpa

TOKIO dpa/afp | Im japanischen Katastrophen-Kernkraftwerk Fukushima ist es höchstwahrscheinlich schon vor Wochen in zwei weiteren Reaktorblöcken zur teilweisen Kernschmelze gekommen.

In Reaktor 1 auch in den Reaktoren 2 und 3 sei das "sehr wahrscheinlich", sagte ein Tepco-Sprecher am Dienstag bei der Veröffentlichung neuer Messwerte. Sie würden aber gekühlt und seien "stabil", ergänzte der Unternehmenssprecher.

Damit hätte es dann in drei der insgesamt sechs Reaktorblöcke des AKW Fukushima Daiichi eine Kernschmelze gegeben. Das Kraftwerk war am 11. März durch ein schweres Beben und einen anschließenden Tsunami stark beschädigt worden. Das Kühlsystem fiel aus. Seither tritt Radioaktivität aus.

Aktuelle Infos

Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) stellt aktuelle Infos zur Lage in den Atomkraftwerken in Fukushima bereit.

60 bis 100 Stunden nach dem Beben

Bisher war Tepco davon ausgegangen, dass lediglich in Reaktor eins die Brennstäbe größtenteils geschmolzen seien und sich die Masse nun am Boden des Reaktordruckbehälters befinde. Atomexperten hatten schon früher vermutet, dass es auch in den anderen Reaktorblöcken eine teilweise Kernschmelze gegeben habe.

Wie der Betreiber am Dienstag weiter mitteilte, dürfte in Reaktor zwei und drei der größte Teil der Brennstäbe bereits 60 bis 100 Stunden nach dem Beben geschmolzen und auf den Boden der Druckbehälter gelaufen sein. Die Temperaturen an den Behältern deuteten aber darauf hin, dass es durch die Einleitung von Wasser gelungen sei, die Schmelzmasse zu kühlen und stabil zu halten, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo.

Unabhängiges Gremium zur Untersuchung der Katastrophe

Unterdessen teilte Industrieminister Banri Kaieda mit, dass die Regierung ein unabhängiges Gremium zur Untersuchung der größten Atomkatastrophe seit der Reaktorunglück von Tschernobyl einberufen wird. Der zehnköpfigen Kommission, die noch bis Ende des Monats mit der Arbeit beginnen soll, würden neben Atomexperten auch Juristen angehören. Neben einer Untersuchung der Ursachen für das Fukushima-Desaster sollen es auch um Möglichkeiten gehen, solche Katastrophen in der Zukunft zu verhindern.

In den ersten Wochen nach der Atomkatastrophe hatten der Energiekonzern und die japanische Regierung stets nur eine teilweise Kernschmelze für möglich gehalten. Der Ausfall der Kühlsysteme sorgte damals für eine Überhitzung der Reaktoren und löste die schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl vor 25 Jahren aus.

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9 Kommentare

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  • W
    Wolf

    Bin kein Physiker, kann aber rechnen. In Tchernobyl kam es, soweit ich weiß, in einem Reaktor zur "Kern"-Schmelze. Geschätzt wurden nach der Katastrophe dort bis heute über 100.000 Tote. 218.000 Quadratkilometer wurden hochbelastet. In Japan gibt es seit gestern lt. Tepco in 3 Reaktoren Kernschmelzen, GAU´s. Was spielt sich dort wirklich ab? Was weiß unsere Regierung?

  • Q
    Querulant

    Zuspät... jetzt ist der Medienhype vorbei und die deutsche Atomlobby längst wieder über'n Berg und voll auf Kurs...

  • K
    klar

    @Butch Higgins

     

    "Wie der Betreiber am Dienstag weiter mitteilte, dürfte in Reaktor zwei und drei der größte Teil der Brennstäbe bereits 60 bis 100 Stunden nach dem Beben geschmolzen und auf den Boden der Druckbehälter gelaufen sein."

     

    saubere pressearbeit nützt nichts, wenn sie nicht genau lesen:)

  • T
    trulla

    "von perkerst:

    "In insgesamt drei Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima-Daichii ist es nach dem Erdbeben am 11. März zu Kernschmelzen gekommen." Nein, es ist in drei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen."

     

    Nein. Der Autor hat mit seinen "KernschmelzEN" schon Recht: ein Atomreaktor hat nämlich deutlich mehr als einen Brennstab im Kern und aus diesem Grund wird von KernschmelzEN gesprochen. Ist ja leider nicht nur ein Stab da geschmolzen...

  • P
    pekerst

    "In insgesamt drei Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima-Daichii ist es nach dem Erdbeben am 11. März zu Kernschmelzen gekommen." Nein, es ist in drei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen.

  • E
    edefault

    Man hat doch gelernt den Orwellschen Neusprech richtig zu interpretieren. Insbesondere gebetsmühlenartig wiederholte Behauptungen ohne Tatsachenbeleg sind stets verdächtig.

     

    (Merkel & Atomlobby:) "Unsere Kernkraftwerke sind sicher" - Klartext: die Scheissdinger können uns jeden Moment um die Ohren fliegen.

     

    (Tepco:) "Die Druckbehälter sind dicht" - Klartext: Die radioaktive Verseuchung aus den geplatzten Reaktoren ist nicht mehr aufzuhalten.

     

    (auch Atomlobby:) "Die Energiewende wird den Strom verteurn" - Klartext: Damit ist leider unser Riesenreibach mit den Schrottreaktoren aus den Sechzigern im Eimer.

     

    (und:) "Wenn wir die Reaktoren abschalten, müssen wir Atomstrom aus Frankreich importieren" - Klartext: Die Franzosen haben jetzt schon zu wenig Wasser in den Flüssen, um alle AKWs zu kühlen - dabei haben sie mehr Wind- und Wasserkraftpotential als alle anderen Länder Europas.

     

    Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen... aber das Lügen geht weiter.

  • BH
    Butch Higgins

    Das sind kaum neue Nachrichten. Tepco hat das schon seit Wochen vermutet und auch so in den Pressekonferenzen mitgeteilt. Nur waren in den letzten Wochen keine internationalen Pressevertreter mehr anwesend. Es gibt jetzt neue Messwerte, das ist auch alles. Die Kernschmelzen fanden am Anfang der Krise statt und nicht erst "vor ein paar Wochen".

     

    Ach und "insgesamt sechs Reaktoren"? In 1, 2 und 3... und wo sonst? Reaktorblock #4 war nicht in Betrieb, somit gibt es vor Ort nur fünf, in denen es zu einer Kernschmelze hätte kommen können. Vermutete Kernschmelzen gab es nur in dreien.

     

    Saubere Pressearbeit geht eigentlich anders.

  • L
    Lindemann

    Mir war - trotz (oder gerade wegen) meines "gefährlichen" kerntechnischen Halbwissens - schon nach drei, vier Tagen klar, dass es mindestens zwei partielle Kernschmelzen gegeben haben musste bzw. zu diesem Zeitpunkt abliefen.

     

    Dass die mafiösen Betreiber das Ganze erst mal herunterspielen und auf die altbewährte Salamischeiben-Taktik zurückgreifen, war doch klar. Was sind schon ein paar verstrahlte Kinder, wenn es um das Abbremsen fallender TEPCO-Aktienkurse geht; was drei entfesselt brodelnde Reaktoren, wenn doch Kernkraft sicher ist? Mal schauen also, womit die in einigen Wochen noch herausrücken werden. Daher mein Tipp an die selbstherrlichen Verbrecher von der IAEO: Ölt schon mal die Propagandamaschine. Die werdet ihr noch brauchen.

  • G
    gasmask

    Ein unabhängiges Gremium? Wahrscheinlich auch noch mit unabhängigen Experten?