Tennisstar Zverev auf der Siegerspur: Auf dem überübernächsten Level
Alexander Zverev gewinnt sein zweites Masters-Turnier in diesem Jahr. Er hat sich in der Weltspitze so schnell etabliert wie kaum ein Spieler zuvor.
Wenn die Sache so weitergeht, wird Lövik bald ein eigenes Fotoalbum haben. Lövik ist ein Pudel und gehört Alexander Zverev, Deutschlands bestem Tennisspieler, und natürlich war er dabei, als sich die Familie und das Betreuerteam zum Siegerbild in Montreal in der Kabine versammelten.
Alle waren bester Laune, und sie hatten reichlich Grund dazu. Mit seinem Sieg im Finale des Turniers in Kanada gegen Roger Federer (6:3, 6:4) schnappte sich der 20 Jahre alte Hamburger den fünften Titel in diesem Jahr, in der Weltrangliste rückte er auf Platz 7 vor, und alles in allem betrachtet ist er der drittbeste Spieler anno 2017 hinter Federer und Rafael Nadal.
In den vergangenen Jahren gab es diverse Spieler, über die es hieß, sie könnten dereinst Federer und Nadal oder Novak Djokovic und Andy Murray beerben, aber bei keinem war eine derart kontinuierliche Entwicklung zu erkennen und eine derartige Selbstverständlichkeit, mit der Dinge in die Tat umgesetzt wurden.
Das sieht offenbar auch Roger Federer so, der nach dem Finale voll des Lobes war: „Ich hab jetzt zum vierten oder fünften Mal gegen Alexander gespielt, und wir haben oft miteinander trainiert, wir kennen uns also sehr gut. Ich freue mich wirklich für ihn, dass er nicht nur auf dem nächsten Level gelandet ist, sondern gleich auf dem übernächsten. Zwei Masters 1.000er zu gewinnen, ist eine tolle Leistung von ihm.“
Diese Masters-1.000er-Turniere sind die wichtigsten Turniere unterhalb der großen vier, die in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York ausgespielt werden. Sechs dieser 1.000er Turniere gab es 2017 bisher – zwei gewann Federer, zwei Nadal und zwei Zverev – und allein bei dieser Bilanz könnte einem schwindlig werden. Mit seinem ersten Titel dieser Kategorie, gewonnen in Rom mit einem tollen Auftritt gegen Novak Djokovic, landete Zverev Mitte Mai zum ersten Mal unter den Top Ten der Weltrangliste.
Geradlinig nach oben
Bei jungen Spielern dauert es manchmal eine Weile, bis sie einen solchen Erfolg verdaut haben, Alexander Zverev hingegen bewegt sich auf dem nächsten, übernächsten und überübernächsten Level mit dem gleichen Selbstbewusstsein, der gleichen Ambition.
Vor vier Wochen hatte er einen neuen Mann im Team präsentiert, den 37 Jahre alten Spanier Juan Carlos Ferrero, einst für sieben Wochen die Nummer 1 der Welt. Ursprünglich war geplant, dass Ferrero Spielervater und Coach Alexander Zverev senior während der Hartplatzsaison in Nordamerika zur Seite stehen sollte, aber es sieht so aus, als könnte daraus mehr werden.
Nach dem Sieg in Montreal berichtete Zverev junior, mit dem Neuen habe er vor allem an der Aggressivität seines Spiels gearbeitet. Ferrero helfe ihm aber auch bei mentalen Dingen, weil der ja aus eigener Erfahrung wisse, wie das Gefühl in wichtigen Spielen sei. „Bis jetzt haben wir zusammen noch nicht verloren. Ich weiß, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so weitergehen wird, falls diese Beziehung ein paar Jahre bestehen wird.“
Zverev über seinen neuen Trainer
Ferrero sah zu, wie Zverev vor etwas mehr als einer Woche den Titel beim Turnier in Washington gewann, er freute sich mit ihm über den Triumph in Montreal, und die nächste Station in dieser Woche ist Cincinnati, das nächste 1.000er Turnier der Saison.
Ob Roger Federer dabei sein wird, stand beim Abschied aus Kanada noch nicht fest. Im Spiel gegen Zverev war es nicht zu übersehen, dass der Mann des Jahres nicht in bester Verfassung war. Vor allem beim Aufschlag wich er von gewohnten Bewegungsmustern ab. Er sagt, die ersten Spiele auf Hartplätzen nach einer Pause seien immer eine Herausforderung für den Körper, man müsse jetzt einfach abwarten, wie sich die Dinge in den kommenden Tagen entwickeln. Federer wird im Hinblick auf die Ende August beginnenden US Open kein Risiko eingehen; die Chance, in New York den dritten Grand-Slam-Titel in diesem Jahr zu gewinnen, zählt ganz sicher mehr als der Auftritt in Cincinnati.
Alexander Zverev machte sich, wenn auch ein bisschen müde, mit Lövik und dem Rest des Teams bester Laune auf den Weg nach Cincinnati, aber auch in seinem Fall reicht der Blick schon bis nach New York. Bei den Grand-Slam-Turnieren, das weiß er gut genug, geht es auf der übernächsten Ebene um mehr als in Rom, Montreal oder Cincinnati.
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