: Tennisdauerbrenner Apartheid?
Boris Beckers mangelhafte Distanzierung von Südafrika überschattet Davis-Cup-Finale gegen Schweden ■ PRESS-SCHLAG
Als der Internationale Tennisverband (ITF) im Juli dieses Jahres das Turnier von Johannesburg aus dem Grand-Prix -Kalender warf, schien endlich ein Schlußstrich unter die unheilige Allianz zwischen Tennis und Apartheid gezogen worden zu sein. Doch weit gefehlt. Südafrika spielt weiter wacker mit beim „weißen“ Sport. Senkrechtstarter Jakob Hlasek erwarb sich nicht zuletzt durch seinen Sieg beim kürzlich zum letzten Mal im Rahmen des Grand-Prix ausgetragenen Turnier von Johannesburg die Berechtigung zur Masters-Teilnahme, und selbst, wenn Südafrika in der gerade vereinbarten Tour der Spielergewerkschaft ATP keine Berücksichtigung finden sollte, wirft die Vergangenheit immer noch lange Schatten.
Vor dem Davis Cup-Finale Bundesrepublik - Schweden vom 16. -18. Dezember in Göteborg ist in diesem Zusammenhang wieder einmal Boris Becker, der mit 15 an einem Junioren-Turnier in Südafrika teilgenommen hatte und seither auf der „Schwarzen Liste“ der Vereinten Nationen steht, in die Schlagzeilen geraten. Nach wie vor weigert sich der schlagstarke Monegasse, eine Erklärung zu unterzeichnen, nie wieder in Südafrika antreten zu wollen. Diese ebenso törichte wie unsinnige Sturheit hat ihn bereits den Status eines Sonderbotschafters der UNICEF gekostet und mannigfaltige Angriffe und Schwierigkeiten eingebracht.
Im Mittelpunkt der Diskussion steht diesmal das schwedische Fernsehen, dem eine Vorschrift verbietet, über Sportler zu berichten, die in Südafrika angetreten sind. Verstöße gegen diese Regel beim Davis-Cup-Halbfinale gegen Frankreich (das mit Leconte und Forget zwei Spieler auf der „Schwarzen Liste“ hat) und beim Finale des Turnieres von Stockholm (mit Becker) wurden von Anti-Apartheidgruppen jüngst scharf moniert. Für zusätzliche Komplikationen sorgt der schwedische Spitzenspieler Mats Wilander. Sollte es tatsächlich keine Übertragung geben, will Wilander verheiratet mit einer Südafrikanerin, aber strikter Apartheidgegner - nicht spielen. Der 23jährige Schwede bekundete Verständnis für Beckers Weigerung, besagte Erklärung zu unterschreiben und meinte: „Es ist ein Skandal, jetzt alles auf Becker zu schieben.“
Die Entscheidung darüber, ob das schwedische Fernsehen senden wird, trifft der Rundfunkrat am 9. Dezember. Fällt sie negativ aus, liegt es allein an Boris Becker, ob er eine Niederlage gegen Wilander riskieren oder sich seinen stärksten Gegner doch lieber vom Halse schaffen will. Der Entschluß des 21jährigen scheint jedoch bereits festzustehen. Becker betonte mehrfach, daß es von ihm „keine neue Südafrika-Erklärung geben werde“. Er habe mündlich ausreichend deutlich gemacht, nicht wieder in Südafrika spielen zu wollen. Die Proteste in Schweden tat er als „Stimmungsmache“ ab.
Daß derartige Querköpfe wie Becker oder Wilander einlenken könnten, ist so wahrscheinlich wie ein Wimbledonsieg von Ion Tiriac, also wird der Schwarze Peter wohl beim schwedischen Fernsehen bleiben. Es darf sich aussuchen, ob es lieber die Apartheidgegner und den Programmkontrollrat verprellt oder den populären Wilander und die Tennisfans.
Matti
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