Telekom: Mit Congstar unter die Billigheimer
Mit ihrer Zweitmarke drängt die Telekom auf den Discount-Markt für Kommunikationsdienstleistungen. Gewerkschaft sieht eine Gefahr der Kannibalisierung
Auf das T im Namen verzichtet das neue Tochterunternehmen: Mit der Telekom möchte Congstar als Billiganbieter von Mobilfunk- und Internetpaketen nicht viel zu tun haben. Zumindest in einem Fall scheint das auch ganz gut zu gelingen: Wer bei der telefonischen Kundenberatung von Congstar anruft, landet in keiner Warteschleife, sondern sofort bei einer freundlichen Dame.
Erst relativ spät im Lauf eines zehnminutigen Kundengesprächs wird allerdings deutlich, dass angepriesene Schnäppchen ihre Tücken, das heißt Zusatzkosten, haben. So bekommt man bei Congstar zwar eine DSL-Basisflatrate für knapp 15 Euro im Monat - allerdings nur, wenn man einen Telekom-Festnetzanschluss bezahlt und eine einmalige Bereitstellungsgebühr von rund 50 Euro überweist.
Die Strategie der Telekom, die mit ihrer Zweitmarkte Billiganbietern Marktanteile abjagen will, liegt auf der Hand: Der unter dem Kundenschwund im Festnetz leidende Konzern soll durch die Etablierung neuer Geschäftsfelder profitabler werden. Diese Strategie, neben den Standardmarken eine Billigmarke zu etablieren, ist alles andere als neu: Die großen Fluggesellschaften und Energiekonzerne begegnen der Preiskonkurrenz auf ihren Märkte ebenfalls mit Billigangeboten. Ähnliche Strategien fahren auch Hersteller: So produziert VW nicht nur Volkswagen, sondern auch Ðkoda, und die Markenproduzenten stellen neben ihren Artikeln auch No-Name-Produkte her.
"Mit Congstar nimmt die Deutsche Telekom den Kampf gegen die Anbieter im Discountsegment des Telekommunikationsmarktes auf", sagte Konzernchef René Obermann am Dienstag. Schon 2010 soll das Tochterunternehmen, das bislang nicht einmal 50 Mitarbeiter hat, rund 1 Milliarde Euro Umsatz machen. Mit einer gewissen Skepsis sieht Ado Wilhelm, Telekom-Experte bei der Gewerkschaft Ver.di, die neue Marke. "Wenn man damit neue Kunden gewinnen kann, geht das in Ordnung", sagte Wilhelm der taz. Allerdings gebe es die Gefahr der Kannibalisierung. Sollten Stammkunden zur Billigmarke wechseln, gingen Umsätze verloren. "Wir müssen jetzt genau beobachten, wie sich Congstar am Markt entwickelt."
Congstar offeriert ausschließlich Mobilfunk- und DSL-Pakete. Handygespräche ins Festnetz und in alle Mobilfunknetze kosten bei Congstar 19 Cent pro Minute. Dabei verzichtet das Unternehmen auf eine Grundgebühr oder einen Mindestumsatz. Zudem können die Kunden unter zahlreichen Flatrates wählen, über die zum Festpreis ins Festnetz oder in einzelne Handynetze telefoniert werden kann. Alle Verträge sollen zwei Wochen zum Monatsende kündbar sein.
"Wenn Sie mal ein oder zwei Monate nicht da sind, können Sie damit Ihre Flatrate bei uns quasi abschalten", empfiehlt die Dame in der telefonischen Kundeninformation. Die Verbraucher und Verbraucherinnen müssen dafür nur den Überblick behalten, bei wem sie sich welche Fixkosten eingehandelt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz