piwik no script img

Teekrieg auf dem Winterfeldmarkt

■ Zwei Firmen, die auf dem Winterfeldmarkt Tee anbieten, streiten vor Gericht / Ökotopia darf nicht mit finanzieller Unterstützung für Asyle.V. werben

„Der Verkauf von abgepackten Tee mit dem Hinweis, der Kaufpreis enthalte eine Spende für Flüchtlinge (...) ist als gefühlsbetonte Werbung geeignet, den Kaufentschluß des Kunden unsachlich zu beeinflussen.“ Mit diesem Richterspruch verbot das Landgericht Berlin der Firma Ökotopia aus dem Mehringhof ihre Teeaktion 1988. Beantragt hatte die Firma Christine De Sousa, die wie Ökotopia mit Tee handelt und einen Stand auf dem Winterfeldmarkt unterhält.

Verboten wird Ökotopia der Aufdruck auf ihrer „First Flush Darjeeling“ 250g Packung: „Unterstützungsaktion für Flüchtlinge 1988“, „Mit dem Kauf dieser Teepackung spenden Sie 1DM für Flüchtlinge an: Asyle.V. Berlin“. Dem aufmerksamen Kunden teilt Ökotopia auf der Rückseite auch noch mit, was Asyle.V. mit dem Geld unternimmt: „Die Situation der Flüchtlinge in West-Berlin fordert nicht nur eine politische, sondern auch eine ganz praktische Solidarität: Unterstützung bei der medizinischen Versorgung; Informationen über neue Gesetze. Unterbringung und materielle Versorgung bei Gefahr drohender Abschiebung durch die Ausländerpolizei, Erstellung von Dokumentationen zur Lage in den Herkunftsländern...“. Dafür, so der Aufdruck weiter, würden pro verkauftesKilogramm Tee vier Mark an Asyle.V. gespendet. Bei zweieinhalb Tonnen Tee waren das immerhin 10.000Mark Spenden für den Verein, die dieser gut gebrauchen könnte.

Da aber war De Sousa vor, die sonst gerne Alternativ-Läden wie das Ufa-Gelände beliefert: Durch die Verknüpfung von Tee mit einer Spende an Asyle.V. „machen Sie sich das Mitgefühl und die soziale sowie politische Hilfsbereitschaft der Umworbenen zunutze“, ließ die Firma durch einen Anwalt verlauten und forderte die Ökotopen auf, dies abzustellen. 3.000Mark sollten sie De Sousa versprechen, falls sie noch einmal auf diese Spende hinweisen würden, und noch mal schlappe 1.000Mark für den Anwalt berappen. Dabei berief sich De Sousa auf eine Rechtsprechung, die eigentlich nur verbieten wollte, daß clevere Geschäftsleute Kunden zum Kauf überteuerter Waren mit Tricks ködern.

Die Ökotopen, die in der Vergangenheit schon mal eine Teeaktion gemacht hatten, in der sie Tee aus Mozambik verkauft und im Preis eine Spende an den südafrikanischen ANC einkalkuliert hatten, und die mit ihren Nica-Kaffee -Direktimport ein nicaraguanisches Landarbeitszentrum unterstützen, sahen durchaus eine Verbindung zwischen der miesen wirtschaftlichen Situation der Teepflückerinnen in den Herkunftsländern des Tees und der Existenz von Flüchtlingen aus diesen Ländern in West-Berlin. Deshalb weigerten sie sich, De Sousa 3.000Mark zu versprechen, falls sie weiter den Tee mit dem Hinweis auf Asyle.V. vertreiben würden. Die 15.Kammer des Landgerichtes, vom Anwalt De Sousas angerufen: „Der mit der Spende verfolgte Zweck - die Hilfeleistung für in Deutschland befindliche Flüchtlinge hat mir der angebotenen Ware nichts zu tun.“

Ökotopia droht deshalb jetzt ein Ordnungsgeld von 500.000Mark oder sechs Monte Haft für ihre Geschäftsführer, wenn sie die Aktion fortsetzen. De Sousa kann sich derweilen ins Fäustchen lachen: Bis die einstweilige Verfügung des Gerichtes aufgehoben wird - und das kann Wochen dauern werden die Kunden sich bei der Kaufentscheidung nicht mehr sachlich beeinflussen lassen können durch die Frage, ob sie Asyle.V. beim Teekauf unterstützen wollen. Ein Frage aber bewegt seitdem die Ökotopen: Was haben eigentlich die vielen Darstellungen nackter Frauen in Werbekampagnen mit der angepriesenen Ware zu tun? Aus gut unterrichteten Kreisen nämlich war zu erfahren, daß die 15.Kammer des Landgerichts bis heute eine solche Werbung nie verboten hat.

taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen