■ MediaBazaar: Teechtmeier ist tot
Er war schon 'ne Type für sich. Eben einer, der ohne Bremse und Kupplung denkt, über alles und jeden redet und immer gerade da heilsame Verwirrung stiftet, wo nach der Logik der Bild-Zeitung alles im Lot sein müßte. Sein Alter ego, Adolf Teegtmeier, war eine Art Ruhrpott-Eulenspiegel, der mit zersetzender Beharrlichkeit die Zeitläufte aus der naiven kleinbürgerlichen Untersicht kommentierte. Kein galliger Satiriker wie Gerhard Polt, kein humoristischer Feinmechaniker wie Loriot. Kein Politnik wie Dieter Hildebrandt, aber auch kein dumpfer Spaßmacher wie Otto. Jürgen von Manger, der die Denkungsart des kleinen Mannes aus dem Kohlenpott auf den Punkt brachte wie einst Karl Valentin die verschrobene bayerische Verstocktheit, starb vergangenen Dienstag 71jährig in Herne. Im Herzen des Ruhrgebiets.
Wie alles Geniale basierte von Mangers Humor auf einem denkbar einfachen Prinzip. Teegtmeier war nicht lernfähig. Seine Subversion bestand in der fröhlichen Hartnäckigkeit, mit der er die Sichtweise des Bottroper Taubenzüchters ausbuchstabierte, für den die Welt – Galilei hin oder her – stets eine Scheibe blieb. Zielsicher entlarvte er einen Penner mit Transistorradio als Spion mit Funkgerät, bedächtig stellte er fest, daß die Damen im Katalog des Heiratsvermittlers keine Ähnlichkeit mit Gina Lollobrigida aufweisen. In seinen unnachahmlichen Stegreif-Monologen erstellte der gelernte Jurist von Manger über zwei Jahrzehnte eine Enzyklopädie der Stammtisch-Logik. Ohne seine abgewetzte Schiffermütze, die Teegtmeier wegen seiner „Malästen mitte Ohren“ nie ablegte, war der Koblenzer Jürgen von Manger nicht vorstellbar. Sein Markenzeichen aber war diese irrwitzig verdrehte Gefühlsgrammatik, dieser Edel-Ruhrpott-Sound, mit dem er der Hilflosigkeit des Ungebildeten und Orientierungslosen eine ganz eigene, sehr anarchistische Ausdrucksform abgerungen hat.
Man muß ihn in einem Atemzug mit Heinz Erhard nennen, dessen Schicksal (von Manger erlitt 1985 einen Schlaganfall) er teilte. Sollte es wirklich einen Kabarettistenhimmel geben, gründen die beiden dort jetzt bestimmt einen Stammtisch.marie/klab
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