: Taximord zugeschaut
■ Reservepolizist wegen unterlassener Hilfeleistung vor Gericht
Ein Angehöriger der Freiwilligen Polizeireserve ist seit gestern angeklagt, einen Taximord nicht verhindert zu haben. Dem 30jährigen wird unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Der Justizwachmeister soll am 11. August 1994 untätig geblieben sein, als ein Fahrgast in der Nacht in einem haltenden Taxi auf den Chauffeur einstach.
Laut Anklage hätte der Reservepolizist ohne eigenes Risiko – beispielsweise durch einen Warnschuß – eingreifen können. Weil er dies nicht tat, habe der Täter weiter auf das Opfer einstechen können. Der 38jährige Taxifahrer, ein Türke, starb am Tatort. Der Messerstecher stand im Juni vor Gericht. Er wurde wegen Schuldunfähigkeit in eine Nervenklinik eingeliefert.
Der Beamte erklärte, er habe mit entsicherter Waffe auf Verstärkung gewartet. „Aus Angst“ sei er nicht dicht an das seiner Erinnerung nach dunkle Taxi herangegangen. Der Täter hätte eine Schußwaffe haben können, verteidigte sich der Angeklagte. Aufgrund der Schaulustigen hätte er ohnehin nicht schießen können. An einen Warnschuß habe er nicht gedacht. Während der vierwöchigen Ausbildungszeit sei er zudem nicht psychologisch geschult worden.
Der FPR-Angehörige war in Dienstkleidung auf einer Objektschutzfahrt, als er An der Urania in Schöneberg ein schlingerndes, auf dem Mittelstreifen aufprallendes Taxi sah. Als drei Männer heraussprangen, vermutete er einen Überfall und setzte das Blaulichtsignal in Gang. Dann blieb er mit gezogener Dienstpistole in etwa 20 Meter Entfernung stehen.
Mehrere Augenzeugen, darunter zwei Taxifahrer, belasteten den Angeklagten. Ihre Appelle an den FPR-Mann, endlich einzugreifen, blieben erfolglos. Erst ein Kommando der Kriminalpolizei überwältigte den Mörder. dpa/adn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen