: Tauschen statt klauen
Darmstädter Dieb zeigt seltene Empathie
Oftmals ist der schlechte Ruf von Eigentumsdelikten dem rüden Egoismus ihrer Verursacher geschuldet. Die Wertschätzung von Dieben gilt meist nur den entwendeten Wertgegenständen und viel zu selten den Bestohlenen, ohne deren Ressourcen die Straftat jedoch gar nicht möglich gewesen wäre. Aber wo ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Vorbesitzer geklaut wird, da machen Verbrechen schnell keinen Spaß mehr. Wie eine mitfühlende Kriminalität aussehen kann, die auch die Opferperspektive mitdenkt, zeigte ein „bislang unbekannter Täter“ im hessischen Darmstadt. Zwar nahm er in der Einfahrt eines Einfamilienhauses „ein buntes Fahrrad mit weißem Sattel“ widerrechtlich an sich, meldete das Polizeipräsidium Südhessen, hinterließ am Tatort aber ein eigens „mitgebrachtes Fahrrad“, damit berechtigte Mobilitätswünsche der Geschädigten respektiert blieben. Nun wird nach einem vollbärtigen Verdächtigen mit „einer schwarzen Sweatshirtjacke mit weißen Applikationen im Brustbereich“ gefahndet. Wird der applizierte Täter gefasst, muss er sich wegen Diebstahls verantworten oder zahlreiche Workshops zu den Themen „Sanfte Kriminalität“ und „Tauschen statt klauen – Vermögensverschiebungen als Chance“ geben, was als die weitaus schlimmere Strafe gilt.
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